Der israelische Saxophonist und Klarinettist Gilad Atzmon lebt derzeit in London. Er hat so entschieden, weil er als politischer Mensch den Zionismus verurteilt. Seine Musik bleibt davon nicht unbeeinflusst, und auch nicht die Zusammensetzung der Band. Das sein Konzept überzeugt, beweisen gleich zwei Nominierungen für den BBC Jazz Award 2004 in den Kategorien "Beste Band" und "Beste CD" für das neue Album "Exile".
Sein Spiel wird vielleicht am ehesten durch ein Zitat von Reiner Voss aus "jazzdimensions" illustriert: "Atzmon vermag seinen Instrumenten Töne zu entlocken, als habe A.-J. Sax bei ihrer Erfindung nicht an Marschmusik sondern an eine orientalische Geliebte gedacht..... "Nostalgico" (die aktuelle CD) sei jedem Jazzliebhaber ans Herz gelegt, der so open minded ist, dass er im Urlaub nicht auf Currywurst mit Pommes rot/weiss besteht, sondern Couscous bestellt." Der "musikalische Wirbelwind aus dem Mittleren Osten (The Guardian), der u.a. auch einmal Mitglied der "blockheads" von Ian Dury war, mag in seinen politischen Texten messerscharf analysieren, seine Musik ist gleichsam in ein goldenes, warmes Licht getaucht und drückt vielleicht die Hoffnung nach Versöhnung des scheinbar Unversöhnlichen aus. Wie er es auch in der Besetzung der Band realisiert, zu der auch Palästinenser gehören.
Gilad Atzmon, der Exil-Israeli aus London, begeistert seine Zuhörer immer wieder mit seiner machtvollen, zuweilen ironischen Mixtur aus großem Bebop und nahöstlichem Tonfall. Die Vorgänger-CD „Exile" (BBC Jazz Award 2003) galt beim Magazin „Concerto" als „eines der besten Alben, die je orientalische Musik mit der Formsprache des Jazz zusammenbrachten". Der britische Kritiker John Fordham nennt Atzmon im „Guardian" einen „Meister der Dynamik und des langsamen Aufbaus, der Lyrismen mit heiseren, Coltranesken Brüllern mixt, eine Kombination, für die allein er eine gewaltige internationale Reputation als Solist hätte. Aber seine selbst gewählte Mission, dem Jazz wieder die kulturelle/politische Schlagkraft zu geben, die er in der ersten Bop-Ära und im Freejazz der 60er-Jahre besaß, macht Atzmon noch um ein Beträchtliches größer."
Nach dem internationalen Erfolg von „Exile" widmet der streitbare Multi-Instrumentalist sein neues Album der Macht der Musik selbst. Das Wort „musiK", deutsch ausgesprochen, signalisiert für ihn die Schönheit der Musik vor ihrer Zurichtung zur Ware. Atzmon führt hier eine charmante Attacke gegen den Musik-Kommerzialismus und gegen eine globalisierte „Kultur" unter amerikanischer Ägide. Robert Wyatt, auf dessen Album „Cuckooland" Atzmon mitwirkte, gibt auf „musiK" eine kleine, aber unnachahmlich diabolische Gastvorstellung. „Unser musikalisches Ziel", sagt Gilad Atzmon, „ist es, die Musik des untergegangenen europäischen Ureinwohners wiederherzustellen." Auf eine gleichermaßen ernsthafte wie unterhaltsame Weise liefert das Orient House Ensemble dabei ein „Neu-Arrangement" der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts: Es mischt Tango mit Cabaret und Balkanmusik, Saxophon mit Akkordeon, Klavier mit Rahmentrommeln. Time Out (London) jubelt: „Witzig, unheimlich, widerspenstig und schön: Dies ist ein großes Album!"
DIE FAZ:
„Auf verschiedenen Saxophonen phrasiert (er) frappierend sicher nahöstliche Melismen und phantasievolle Assoziationen, lyrische Melodien und explosive Crescendos. Endlos reiht er immer abstraktere Skalen aneinander, stürzt sich aus luftigen Höhen schlagartig in die Tiefe, schießt Sperrfeuer aus nervösen Morse-Stakkatos in den Raum.....Die nahezu unbegrenzte Ausdruckskraft Gilad Atzmons wird von seinen Partnern mal sensibel abgefedert, mal energisch aufgeladen.“ Der so von Norbert Krampf in der FAZ charakterisierte Musiker ist Gilad Atzmon: