Doug Wimbish
Bass, vocals, loops
Will Calhoun
Drums, percussion, loops
Vinx
Vocals, percussion, loops & samples
Journalist: "Hey Vinx, was hast du in Zukunft so vor?" – "Vielleicht so etwas mit akustischem Techno, Drum&Bass, Jungle. Mit echten Musikern, die das alles spielen können und daraus Songs machen." Und auf einmal sollte eine Band spielen, die noch gar nicht existierte. Das war 1996. Inzwischen haben Jungle Funk über 100 Auftritte hinter sich gebracht und Legen nun die erste CD vor.
Zwei Schritte vor und einen zurück. Vor langer Zeit gehörte Vinx zu den besten Dreispringern dieser Welt, aber 1980 boykottierten die USA die Olympischen Spiele in Moskau und 1984 verletzte sich Vinx kurz vor den Spielen in Los Angeles. Es sollte wohl nicht sein, und so nahm Vinx’ Karriere als Sänger und Perkussionist seinen Lauf. Herbie Hancock, Stevie Wonder, Sting, Manhattan Transfer, um nur einige zu nennen, mit denen er seitdem spielte. Weltmusik-Projekte und eigene Aufnahmen, all das macht ihn zu einem der Hauptakteure zwischen Jazz, Pop und World Beat.
Drei Schritte vor und keine zurück. Will Calhoun und Doug Wimbish bildeten das Rhythmusgespann von Living Color, jener Band, die neue Maßstäbe zwischen Funk und Hardrock setzte. In Schlagzeugmagazinen wird Calhoun gerne als einer der virtuosesten Schlagzeuger überhaupt gehandelt, mit einer Spannbreite von Harry Belafonte über Jaco Pastorius bis Pharoah Sanders. Nicht anders Bassist Doug Wimbish, der als Studio und Livemusiker unter anderem mit Madonna, Mick Jagger, Seal und auf diversen "On-U-Sound"-Projekten gespielt hat.
Vor. Und jetzt Jungle Funk. Das Trio bringt enormes musikalisches Potential mit. Hier die songorientierten Stücke von Vinx, die auf seine von Pop und Soul geprägte Stimme zugeschnitten sind, dort die urbanen Funkrhythmen von Calhoun und Wimbish, die sich aber ebenso aufs Stückeschreiben verstehen. Und es kommt noch ein viertes Bandmitglied dazu. Will Calhoun: "Die Maschine ist wie ein vierter Mann für mich. Für einen Schlagzeuger ist es enorm schwer, Drum&Bass zu spielen. Es ist sehr schnell und sehr komplex. Du mußt dich zurücknehmen, der Maschine die Führung überlassen, fast wie beim Bebop, wo es auf individuelles Spiel nicht so sehr ankommt, sondern auf die Unterstützung, die man den anderen gibt. Aber das ist genau die Herausforderung an diesem Projekt, schließlich hat es mich drei Monate intensiver Arbeit gekostet, herauszufinden, wie ich mit der Maschine zusammenarbeiten kann." Elektronische Technik ermöglicht, daß das Trio zuweilen als Sextett erscheint, daß im Zweifelsfall aber auch jeder Musiker alleine spielen kann. Vinx: "Man muß aber aufpassen, daß man der Technik nicht auf dem Leim geht. Sie darf nicht die Oberhand gewinnen. Ich sehe sie als Erweiterung unseres Vokabulars, eine Note in einem Stück, das die moderne Welt widerspiegelt." Das Vorgehen der Drei bei diesem Drahtseilakt zwischen Maschine und akustischem Instrument ist eher ungewöhnlich: Da Jungle Funk für Auftritte gebucht war, bevor die Band überhaupt existierte, wurde vom ersten Augenblick an improvisiert. Doug Wimbish: "Das ist nun einmal der Gang der Dinge. Wir haben nie wirklich geübt, Vinx und ich haben uns ja noch nicht einmal gekannt, und dann haben wir gleich vor Publikum gespielt."
Zurück. Das Ergebnis, "Jungle Funk' (ESC/EFA), sei ein "Forschungs-Zwischenbericht", eine Live-Aufnahme, die wie eine Studioeinspielung wirkt. Jeder Live-Auftritt könnte scheinbar jederzeit im Studio enden, wäre da nicht das agile Musizieren der Musiker, die sich nicht scheuen, auch mal die Instrumente zu tauschen. Andererseits merkt man den Stücken hier und da einen unausgereiften, improvisierten Charakter an, wenn z.B. bei "Still I Try" der Spannungsbogen genau da abflacht, wo er am höchsten sein sollte: beim Refrain.
Und wieder vor. Beeindruckend dagegen ist das gekonnte Zusammenspiel der Musiker miteinander und mit den elektronischen Hilfsmitteln. Jungle Funk zeigen einmal mehr, daß die Elektronik längst das Studio verlassen hat und, in diesem Fall als vierter Mann, als virtuelte Quelle zwischen lebenden Musikern einen festen Platz auf Live-Bühnen einnimmt. Drum&Bass, Jungle, Funk, aber auch einfühlsame Balladen, Popnummern und Jazziges bietet das Trio. Melancholie und der erbarmungslose Rhythmus des Großstadtdschungels überwiegen. Vinx: "Ich bin ein vierzigjähriger Mann. Ich bin ein vierzigjähriger schwarzer Mann. Ich bin ein vierzigjähriger Schwarzer, der in den USA lebt und dazu noch in Boston, das verdamrnt kein guter Ort für schwarze Männer ist. Was soll ich da fröhliche Lieder anstimmen? Unsere Erfahrungen reichen von dem Glück, den der Geschmack einer erotischen Frau hinterläßt, bis zu der Aussichtslosigkeit, die das Leben als Schwarzer in einer Vorstadt bietet. Das spiegelt unsere Musik wieder." Doug Wimbish: "Aber natürlich sind Frauen der Haupteinfluß. Die meisten Männer spielen entweder für eine Frau oder manchmal auch für einen anderen Mann."
Das bitter-süße Lied der Liebe wissen Jungle Funk zu singen. Getragen von dem Gefühl gegenseitiger Sympathie haben sie aus dem rein medialen Hirngespinst ein Projekt geschaffen, das mehr und mehr an Form und Farbe gewinnt. Als Band würden sie sich nach all den Zufälligkeiten und Improvisationen der ersten Zeit aber immer noch nicht bezeichnen. Doug Wirnbish: "Wir sind das Abbild einer Band, wie hört sich das an?"
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"Wir sind das Abbild einer Band" (Doug Wimbish).
Verstehen kann man diesen Satz, wenn man sich mit der Historie von Jungle Funk beschäftigt. Vinx, der Initiator, wechselte Mitte der 80er nach einer unglücklichen Sportkarriere ins Musikantenlager. Hier sollte es besser laufen: in seinen verschiedenen Projekten (Weltmusik, Jazz, Pop) arbeitete er unter anderem mit Herbie Hancock, Stevie Wonder, Sting und Manhatten Transfer zusammen. 1996 wurde sein Projekt Jungle Funk gebucht, ohne geboren worden zu ein.
Vinx mußte schnell eine Band zusammenstellen, und holte sich mit der Rhythmussektion der Living Colors, Will Calhoun (dr) und Doug Wimbish (b), zwei erfahrene Crossover-Berühmtheiten. Die brachten ihre vielseitigen Erfahrungen mit Jaco Pastorius, Pharoah Sanders, Madonna, Mick Jagger und Seal in die Band ein, und los ging's...
Inzwischen haben die Drei genügend Liveerfahrung gesammelt und reichten im Herbst ´98 ihr Debüt-Album "Jungle Funk" nach. Warum sie sich trotzdem noch nicht so ganz als ausgereifte Band sehen, liegt wohl daran, daß sie "nie wirklich geübt" haben. Und auch nach bisher über 100 Gigs passiert es schon mal, daß ein Stück unausgereift und improvisiert klingt.
Trotzdem sollte man die weitere Entwicklung der Jungle-Funker beobachten, das Potential ist da, ein Proberaum leider noch nicht...