John Mayall war die führende „Vaterfigur“ des British Blues in den 60er Jahren. Seine Band, die „Bluesbreakers“, war so etwas wie eine „Blues-Schule“ für junge Musiker, die, unter der Leitung Mayalls, eine erstklassige Ausbildung in amerikanischem Blues erhielten. Viele Musiker, angefangen bei den Gitarristen Eric Clapton und Mick Taylor über die Bassisten Jack Bruce und John McVie bis zu den Drummern Mick Fleetwood und Aynsley Dunbar, spielten eine zeitlang bei den „Bluesbreakers“. Mayall, ein kompetenter Sänger, Keyboard- und Harmonicaspieler, vermittelte der Band und ihrer langen Liste von Musikern eine Vision des Blues, die entscheidenden Anteil an der wachsenden Popularität der britischen Bluesszene in den 60ern hatte.
John Mayall wurde am 29. November 1933 in Macclesfield, Cheshire, England, geboren. Schon als Kind interessierte er sich für den Blues. Durch seinen Vater, einem Jazz-Musiker, erhielt er Zugang zu einer umfangreichen Schallplattensammlung, die viele Werke amerikanischer Blues-Künstler enthielt, wie z.B. Little Walter, Muddy Waters und Sonny Boy Williamson (Rice Miller). Während seiner Schulzeit lernte Mayall Gitarre und Ukulele zu spielen und sein Interesse an Jazz und Blues wuchs immer weiter an. Nach einem vierjährigen Dienst in der britischen Armee schrieb er sich am „College Of Art“ in Manchester ein und verfolgte fortan eine Karriere als Musiker.
Mitte der 50er Jahre gründete er seine eigene Band, die „Powerhouse Four“, aus der 1963 die „Bluesbreakers“ entstanden. Ein Jahr später zog Mayall von Manchester nach London. Die Band bestand zu diesem Zeitpunkt aus John Mayall (voc, keyb), Bernie Watson (g), John McVie (b) und Keith Robertson (dr). Sie spielten in Londoner Blues- und Jazzclubs und begleiteten amerikanische Bluesmen, die in England auf Tournee waren. Von Anfang an hatte die Band keine festen Mitglieder; die Musiker kamen und gingen mit einer solchen Regelmäßigkeit, daß es doch überraschte, daß die Band immer noch weiter existierte. Der einzige beständige Faktor blieb Mayall, der diese Form des ständigen Wechsels förderte.
Mayall und die „Bluesbreakers“ veröffentlichten in den 60ern eine Reihe von interessanten Blues-Alben. Der Klassiker der Band war allerdings die LP „Bluesbreakers - John Mayall with Eric Clapton“ aus dem Jahre 1966. Dank Claptons virtuosem Gitarrenspiel erreichten die „Bluesbreakers“ hier wohl ihren künstlerischen Höhepunkt. Clapton verließ die Band 1966 und gründete mit dem Bassisten der „Bluesbreakers“, Jack Bruce, und dem Drummer Ginger Baker, vorher bei der „Graham Bond Organisation“, die erste „Super-Group“ der Rockgeschichte, „Cream“. Mayall komplettierte die Band mit neuem Personal und veröffentlichte andere vielbeachtete Alben, wie z.B. „The Turning Point“ (1970), live aufgenommen im „Fillmore East“ in New York.
1971 erschien die Doppel-LP „Back To The Roots“, auf der Mayall zusammen mit den ehemaligen „Bluesbreakers“-Gitarristen Clapton und Taylor sowie dem Drummer Keef Hartley spielte.
Obwohl das Interesse am britischen Blues nachließ, blieb Mayall auch in den 70er und 80er Jahren als Künstler aktiv. Mitte der 70er siedelte er in die USA über und nahm einige Alben auf, wie „A Banquet In The Blues“ (1975) und „The Last Of The British Blues“ (1978).
1982 startete er mit John McVie und Mick Taylor eine „Bluesbreakers Reunion Tour“. Zwei Jahre später formierte er mit dem Gitarristen Coco Montoya eine neue Version der „Bluesbreakers“. Einige seiner Alben wurden kommerzielle Erfolge und das Publikum verehrt ihn noch immer als eine herausragende Figur des Blues. Auf seinem 1993er Album „Wake Up Call“ spielten so illustre Gäste wie Buddy Guy, Albert Collins, Mick Taylor und Mavis Staples.
John Mayall ist auch im neuen Jahrtausend auf Tour und veröffentlicht in regelmäßigen Abständen neue CD-Produktionen.
Der Enthusiast ist unverbraucht zurück
Als John Mayall vor 38 Jahren in London seine erste Platte aufnahm, war der elektrifizierte Blues in Europa noch ein Exot. Fünf Jahre später schrieb man ihm in Großbritannien einen wahrhaftigen Boom zu, seither verliert er ganz allmählich an Bedeutung und darf dann und wann auch schon mal belächelt werden. Kein Grund für John Mayall, nicht erneut ein Album aufzunehmen, dass sich weit über eine Stunde lang mit eben dem Thema beschäftigt, dem der emsige Brite sein Leben gewidmet hat: dem Blues, natürlich.
Eigenartig, wie Mayall - nach Meinung vieler Kollegen und seiner selbst nicht unbedingt ein Virtuose, sondern technisch eher solider Handwerker - es immer wieder schafft, aus dem alten Zwölftakter interessante, frische Songs zu formen. Wenn der Sänger und Gitarrist zum Arrangeur und Bandleader wird, spielt er seine beste Tugend aus: Mayall ist auch knapp vor seinem 69. Geburtstag grenzenloser Enthusiast geblieben. Seine unnachahmliche Art, den Blues mit oftmals nur winzigen, aber bedeutsamen Partikeln aus Gospel und Soul, aus Jazz, Country, Calypso und Rock anzureichern, lässt die Fans noch immer auf jedes neue Album mit Spannung warten.
Man freut sich schon aufs nächste Album
Das hat sich auch im Falle von "Stories" wieder gelohnt. John Mayall, dessen Band über die Jahrzehnte dank ihrer stetig wechselnden Besetzungen Dutzende Musikerkarrieren startete (darunter die von Eric Clapton, Fleetwood Mac und Cream), hat mit gewohnt glücklicher Hand eine wundervolle Mischung geradliniger Bluesstücke und verspielter Abarten des Klassikers hergestellt.