Brad Mehldau zählt bereits zu den Giganten, denn seine Mischung aus Klassik und Jazz ist eine bedeutende Innovation und eine Bereicherung für die Musikwelt.
Pat Metheny sagt über Brad Mehldau: „The most exciting pianist to come along since Herbie Hancock“. Der 1970 geborene Amerikaner veröffentlichte im Alter von 25 Jahren sein Debüt „Introducing Brad Mehldau“. Fünf preisgekrönte Alben in der Reihe „The Art of Trio“ folgten, auf denen es Mehldau gelang, die überholt geglaubte Form des Klaviertrios wieder als produktive Einheit des Jazz zu etablieren.
Die musikalische Persönlichkeit des Pianisten Brad Mehldau ist zwiegespalten: Auf der einen Seite ist er ein Improvisator, der das Wunder und die Überraschung, die einer spontanen musikalischen Idee entspringen können, über die Maßen schätzt und in Echt-Zeit umzusetzen weiß. Auf der anderen Seite fasziniert ihn zutiefst die formelle Architektur von Musik – und auch das spiegelt sich in jeder Facette seines Spiels wider. „Erst wer die Form beherrscht, darf mit ihr spielen“, schießt es einem da durch den Kopf – und so ergänzen sich die beiden Seiten von Mehldaus musikalischer Persönlichkeit – der Improvisator und der Formalist – und spornen sich gegenseitig sogar zu Höchstleistungen an. Mehldau liebt dieses Spiel mit gegensätzlichen Extremen. So hat er sich weltweit über die Jahre eine große Fangemeinde erspielt, die live eine einzigartig intensive Erfahrung erwartet – und auch erwarten darf.
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Seit den frühen 90er Jahren hat Jazzpianist Brad Mehldau kontinuierlich Platten aufgenommen und unzählige Auftritte gespielt. Seine am häufigsten gewählte Besetzung war dabei stets das Trio. Seit 1996 hat er mit seiner Band unter dem Titel „The Art Of The Trio“ eine Serie von fünf Alben für Warner Bros. veröffentlicht. Zusätzlich zu diesen Produktionen hat Mehldau ein Solo- Werk namens „Elegiac Cycle“ sowie „Places“ aufgenommen, eine Platte mit sowohl Solo- als auch Trio-Stücken. Diese beiden Alben könnte man durchaus als Konzeptalben bezeichnen, da beide ausschließlich aus Eigenkompositionen bestehen und zentrale Themen aufweisen, die sich durch jeden einzelnen Song ziehen. Weitere Mehldau Aufnahmen sind unter den Namen „Largo“, einer Kollaboration mit dem innovativen Musiker und Produzenten Jon Brion, sowie „Anything Goes“ einer weiteren Trio Platte mit Bassist Larry Grenadier und Drummer Jorge Rossy, erschienen.
Nach seiner ersten Veröffentlichung für Nonesuch „Brad Mehldau Live In Tokyo“, die im September 2004 in die Läden kam, verließ Schlagzeuger Jorge Rossy nach zehn erfolgreichen Jahren Mehldaus Stammbesetzung. Für ihn stieß 2005 Jeff Ballard zur Band, um mit dem neuen Brad Mehldau Trio „Day Is Done“ einzuspielen, das in 2008 von der Live-Aufnahme „Brad Mehldau Trio Live“ gefolgt und mit Kritikerlob überhäuft wurde. Für 2009 ist eine erneute Zusammenarbeit mit Produzent Jon Brion vorgesehen, um das sehnsüchtig erwartete Nachfolgewerk von „Largo“ einzuspielen.
Mehldaus musikalische Persönlichkeit unterliegt einer Spaltung: Auf der einen Seite ist er zuallererst der Improvisateur, der das Wunder und die Überraschung, die einer spontanen musikalischen Idee entspringen kann, über die Maßen schätzt und gern in Echt-Zeit umsetzt. Andererseits fasziniert ihn die formelle Architektur von Musik zutiefst – und auch das spiegelt sich in jeder Facette seines Spiels wieder. In seinen inspiriertesten Momenten wird die Struktur seines musikalischen Gedankens zu einem weiteren Ausdrucksmittel. Während seines Spiels achtet Mehldau darauf, wie die Ideen sich entwickeln und zudem auf die Reihenfolge dieser Entwicklungen. So bekommt jeder Song einen starken erzählerischen Spannungs-Bogen, der sich entweder am Anfang, am Ende eines Stückes offenbart oder aber bewusst offen gelassen wird. „Erst wer die Form beherrscht, darf mit ihr spielen“, schießt es einem da durch den Sinn – und so ergänzen sich die beiden Seiten Mehldaus musikalischer Persönlichkeit – der Improvisateur und der Formalist – vortrefflich und spornen sich gegenseitig sogar zu Höchstleistungen an. Der Effekt ist nicht selten der eines kontrollierten Chaos.
Seit Mitte der 90er Jahre hat Brad Mehldau entweder als Solist oder mit seinem Trio mehrfach und stetig die Welt umrundet, um gefeierte Konzerte zu spielen. Seine Shows umfassen eine große Spanne an Ausdrucksformen: Oft folgen auf Songs, in denen er mit intellektueller Striktheit den fortschreitenden Prozess der Abstraktion zu ungeheurer musikalischer Information verdichtet, gänzlich reduzierte, emotional direkte Balladen. Mehldau liebt dieses Spiel mit gegensätzlichen Extremen. Über die Jahre hat er sich dadurch weltweit eine respektable Fanschar erspielt, die eine einzigartige und intensive Erfahrung bei seinen Konzerten erwartet und erwarten darf.
Zusätzlich zu seinen Solo und Trio Projekten hat Mehldau mit einer Vielzahl von Jazzgrößen zusammengearbeitet, darunter die höchst erfolgreiche Position als Pianist in der Band von Saxophonist Joshua Redman, die er über zwei Jahre innehielt, Aufnahmen und Konzerte mit Pat Metheny, Charlie Haden und Lee Konitz, als auch Aufnahmen als Sideman von Michael Brecker Wayne Shorter, John Scofield und Charles Lloyd. Für über ein Jahrzehnt hat Brad Mehldau immer wieder mit diversen von ihm hochgeschätzten Musikerkollegen wie z.B. den Gitarristen Peter Bernstein und Kurt Rosenwinkel als auch Tenorsaxophonist Mark Turner kollaboriert. Aber auch außerhalb des Jazz-Zirkels hat er seine Spuren hinterlassen: So ist er auf Country Größe Willie Nelson´s „Teatro“ ebenso zu hören wie auf dem Album „Scar“ des Singer/Songwriters Joe Henry. Und auch in diversen Filmen ist seine Musik vertreten, darunter Stanley Kubricks „Eyes Wide Shut“ und Wim Wenders „Million Dollar Hotel“. Für den französischen Film „Ma Femme Est Un Actrice“ zeichnete er für den gesamten Soundtrack verantwortlich.
Im Auftrag der Carnegie Hall komponierte Mehldau zwei Werke für Stimme und Piano, „The Blue Estuaries“ und „The Book Of Hours: Love Poems To God“, die 2005 mit der renommierten Sopranistin Renee Fleming aufgeführt und für das Album „A Love Sublime“ aufgenommen wurden, das 2006 erschienen ist. Gleichzeitig veröffentlichte Nonesuch ein Album mit reinen Jazz-Kompositionen für Trios unter dem Titel „House On Hill“.
Im März 2007 debütierte Mehldau mit dem Piano Concert „The Brady Bunch Variations For Piano And Orchestra“ am Theater Du Chatelet in Paris, das er zusammen mit dem Orchestre national d´Ile-de-France aufführte.
Im Frühjahr 2008 kündigte die renommierte Londoner Wigmore Hall an, dass Brad Mehldau die Schirmherrschaft für eine vier Konzerte umfassende Jazzserie der Saison 2009-10 und 2010-11
übernommen hat, wovon er bei mindestens zweien dieser vier Konzerte persönlich mitwirken wird.
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Day Is Done.
Zusammen mit seinem langjährigen Bassisten Larry Grenadier und einem neuen Bandmitglied, Jeff Ballard am Schlagzeug, interpretiert Brad Mehldau Songs von Radiohead, Paul Simon und den Beatles, zwei Eigenkompositionen, einen Jazz-Standard sowie ein Stück von Saxofonist Chris Creek. Die Mischung von Jazz- und Popvorlagen ist an sich nichts Neues bei Mehldau. Aber diese CD ist etwas Besonderes. Liegt es am schweißnahen Sound, am fülligen, warmen Klavierklang? An der grandiosen Abmischung, die den Hörer mitten in die Band setzt und ihn zum vierten Mitspieler macht? Liegt es am neuen Drummer, der mit metallfarbener Präzision nach vorne treibt, der den Pianisten zu beinahe nervösem, attackierendem Spiel verleitet? Jeff Ballard verändert die Atmosphäre des Brad Mehldau Trios, und Mehldau spielt den Ball zurück. Er improvisiert nahtlos inspiriert, er drängt nach Ausdruck, kann gar nicht aufhören, brillant zu sein. AberDay Is Done ist nicht nur eine fantastische musikalische Aufführung: sie ist vor allem vielseitiger als viele frühere Trioaufnahmen. Dabei ist fast jedes Stück ist ein einzigartiges Unternehmen, charakteristisch und aufregend. Ein Knaller!
--Katharina Lohmann
Erneuerer des klassischen Jazz-Klaviertrios, emotionstiefer Eklektiker, eigenwilliger Traditionalist und großer Romantiker. Solche Titulierungen muss Brad Mehldau ebenso über sich ergehen lassen wie den wegen biografischer Parallelen stets gezogenen Vergleich mit Bill Evans: hochsensibel, inspiriert, melancholisch, romantisch, von einer inneren Kraft getrieben.
Geboren wird Brad Mehldau am 23. August 1970 in Jacksonville, Florida. Er verbringt seine Kindheit und Jugend in New York, New Hampshire und Georgia, bevor seine Familie sich in Connecticut niederlässt. Mit fünf erhält er seinen ersten Klavierunterricht, der ihm die klassische Perspektive nahe bringt. Nach dem Abschluss der High School besucht er die Berklee School of Music, und wird dort als "Best All Around Musician" ausgezeichnet. Anschließend vertieft er seine musikalische Ausbildung im Fach "Jazz und zeitgenössische Musik" an der New School For Social Research in Manhattan. Dort wird er während eines Percussion-Kurses vom Dozenten Jimmy Cobb für dessen Quartet "Cobb's Mob" engagiert und damit in die Szene der Stadt eingeführt. Kurze Zeit später spielt er in der Band des Tenorsaxophonisten Joshua Redman und macht sich als Sideman bei zahlreichen Aufnahmen einen Namen.
1995 veröffentlicht er sein Debut-Album "Introducing Brad Mehldau". Es folgen ekstatische Kritiken, intensive Tourneen und Auftritte mit John Scofield, Wayne Shorter, Joshua Redman und Mark Turner. Während dieser Zeit komplettiert er mit dem Bassisten Larry Grenadier seine Triobesetzung (in dem Schlagzeuger Jorge Rossy hat er schon 1993 einen idealen rhythmischen Partner gefunden), und entwickelt sein Konzept "The Art Of The Trio". Standards, Eigenkompositionen und einfühlsame Interpretationen von Popklassikern prägen zusammen mit der unüberhörbaren Romantik den Sound dieser Formation.
1999 erscheint mit "Elegiac Cycles" das erste Solo-Album. 2002 veröffentlicht Brad Mehldau in Zusammenarbeit mit dem Singer/Songwriter Jon Brion (The Grays, Fiona Apple, David Byrne, Jellyfish) "Largo", auf dem er zahlreiche Gastmusiker dazu einlädt, das Popularmusik-Universum etwas genauer auszuloten. Mit "Anything Goes" (2004), "Day Is Done" (2005), "House On Hill" (2006) und "Live" (2008) widmet er sich abermals dem Trio-Jazz.
Doch seine künstlerische Ausdruckskraft treibt ihn immer wieder zu neuen Ufern. Ebenfalls 2006 spielt er gemeinsam mit Pat Metheny das Duo-Album "Metheny Meldau" ein und vertont für die Grammy-ausgezeichnete Sopranistin Renée Fleming Gedichte von Rainer Maria Rilke und Louise Bogan. Der Song-Zyklus erscheint als Duo-Album ("Love Sublime") und bewegt sich trittsicher auf dem schmalen Grad zwischen Jazz und Klassik.
Seinem immensen Verlangen nach kreativen Output lässt er im Jahr 2006 gemeinsam mit Pat Metheny freien Lauf. Das Album "Metheny/Mehldau" wird von der Kritik jedoch zweischneidig diskutiert. Der Jazzthing-Autor Ralf Dombrowski bemängelt: "Beide Musiker sind im Kern Romantiker und natürlich gelingt es ihnen, sich mit der passenden Eloquenz dem künstlerischen Smalltalk zu widmen. Doch da liegt auch der Haken an der Sache. Trotz der ästhetisch ansprechenden Klangoberfläche will die Kommunikation auf der Ebne einer sich gegenseitig inspirierenden Kreativität nicht recht funktionieren. Metheny bleibt bei seinen Single-Notes, Mehldau spielt seine Melancholismen, wirklich zusammen im komplementären Sinne aber musizieren sie nicht."
"Tun wir wohl", würden Metheny und Mehldau diese Unkenrufe wohl kommentieren. Denn Dombrowski vertritt nur eine von vielen Meinungen. "Ihre Dialoge sind so tief, dass die Platte bei jedem Neustart neue Qualitäten gewinnt", schreibt beispielsweise Rondo, und Stereo ergänzt: "Sie zelebrieren den musikalischen Dialog auf höchstem Niveau". Das sehen die zwei beteiligten Künstler wohl ähnlich, denn schon ein halbes Jahr nach Erscheinen von "Metheny/Mehldau", stellen sie den Nachfolger "Quartet" in die Regale.
Die Aufnahmen dazu stammen aus derselben intensiven Woche im Dezember 2005, in der auch "Metheny/Mehldau" entstand, und von der Metheny behauptet, sie seien einige der kreativ befriedigendsten Tage, die er als Musiker je erlebt habe. Brad Mehldau ergänzt: "Wenn man an einem Gemeinschaftsprojekt arbeitet, hofft man immer, dass keiner sich zu radikal anpassen muss um es der anderen Person angenehm zu machen. Mit Pat war es das Gegenteil. Die Chance, mit ihm Musik zu machen, ist nicht weniger als ein wahr gewordener Traum für mich. Pat ist einer der Musiker, die mich dazu gebracht haben, schon als junger Mensch Jazz spielen zu wollen".
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