treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

DER TREIBHAUS*KONZERT*PASS WiNTER 2024/25 - der frühe vogel fängt den wurm:

solang der vorrat reicht gibts ab jetzt den wunderbaren TREiBHAUS-KONZERT-PASS - winter 24/25. der kost nach wie vor 44:30 & gil für fast alle konzerte im treibhaus - vom 15.12.'24 bis 10.5.'25 - hier im netz & im treibaus auch

SUUNS

Neokraut, Noise, Psychedelic, Electro: Wie ein biblischer Gitarrenschwarm aus Toronto / Canada

Suuns aus Montreal nannten sich vorübergehend  mal Zeroes, und genau so hieß ihre erste EP  auf Secretly Canadian. Die Vorliebe für die Null  leuchtet immer noch ein, wenn man hört, wie die  Band auf dem zweiten Album „Images Du Futur“  ihrer Tendenz zu Entschlackung und Reduktion  nachgibt. Die Nervosität der Post-Punk-Funk-  Bands der frühen 2000er Jahre ersetzen Suuns  mit Paranoia, das hektische Getrommel wird  meist durch unterkühlte Beats ausgetauscht, die  Bassläufe mit Acid-Gezwitscher. Die verbliebenen  Gitarren-Licks wirken auf dieser Basis manchmal  seltsam verloren. Suuns machen Musik, die von  der Orientierungslosigkeit nach schreckhaftem  Aufwachen erzählt.
Da ist ein Hang zur Brüchigkeit und zum Melodischen, vielleicht auch zum milchig Melancholischen festzustellen. Post-Punk- und Krautrock-Vorlieben klingen an. Zu sehr zupflastern will man die Musik nicht, doch der Puls und die Stimmung sind stark, und oft stark verwirbelt. Leiernde Synthesizer, zerrige Gitarren und Rückkopplungen vereinen sich immer wieder zu tüchtig peitschenden und entschlossen voranschreitenden Rockmomenten. In der Musik der kanadischen Rockband Suuns steckt einiges an Erzählung, einiges an wunderlich wucherndem Gestrüpp.

Wie ein biblischer Gitarrenschwarm
DIE ZEIT
Die kanadische Band Suuns hat das passende Album zur Überhitzung des Spätkapitalismus. “Images du Futur” gibt Verbitterung und Zuversicht eine musikalische Form.
Eine Mischung aus Frustration und Erregung prägt unsere Gegenwart. Nennen wir das Gefühl Frustregung. Alles soll wachsen, schneller werden, immer verfügbar sein. Die Zeit fürs Wesentliche verdampft in der Überhitzung eines Spätkapitalismus, der Mensch und Moral aus den Augen verloren hat. Sozial gerecht geht es immer seltener zu. Indes bahnt sich die Empörung ihren Weg, es herrscht Aufbruchsstimmung.

Diese Atmosphäre mögen auch die Jungs von der kanadischen Band Suuns gespürt haben, als sie im vergangenen Sommer ihr zweites Album einspielten. Unweit ihres Studios in Montreal gingen eine halbe Million Leute auf die Straße, um gegen die Erhöhung von Studiengebühren zu protestieren. Mit Erfolg. Immer mehr erkennen: Eine lebenswerte Zukunft erfordert Fantasie, gesunden Menschenverstand und auch mal zivilen Ungehorsam. Der aktuellen Gemütslage zwischen Zuversicht und Verbitterung haben Suuns nun eine musikalische Form verliehen.

Seit sechs Jahren spielen die studierten Jazzer zusammen. Und nach ihrer Heimat begeistern sich nun auch Paris und London für diese eigentümliche Band. Ihr Geheimnis: Artrock, der futuristisch wirkt und doch nie bemüht daherkommt. Suuns üben sich in Zurückhaltung, sie überwältigen nicht. Stattdessen erwischen sie ihre Hörer auf dem falschen Fuß, verwirren, rütteln auf. Klingt so die Zukunft des Indierock – kristallklar und schemenhaft, geschmeidig und spröde zugleich?

Genregrenzen sind dem Quartett aus Quebec bloß Türschwellen, die in immer neue Räume führen. Ob über dem Eingang nun Post-Punk, Shoegaze oder Krautrock steht, ist unwesentlich. Das Album Images du Futur ist eine hypnotische Expedition ins Unbekannte. Bei jedem Durchgang durchstreift man neue Gefilde, entdeckt Ungehörtes. Gitarren summen wie ein biblischer Heuschreckenschwarm, Synthesizer imitieren Donnergrollen, dazwischen ertönen Kuhglocken und Klarinetten. Ben Shemie presst die Worte zwischen den Zähnen hindurch, raunt die Zeilen wie Thom Yorke oder Ade Blackburn von Clinic. Seine paranoide Stimme ist nur ein weiteres Instrument.

Glanzpunkt ist das halluzinogene Edie’s Dream. Im Halbdunkel tanzen die Charaktere eines David-Lynch-Films Stehblues zu Gershwins Summertime. Darunter ein arhythmischer Basslauf und weißes Rauschen. Am Schlagzeug stapelt Liam O’Neill unbetonte Werte auf betonte, verschiebt die Rhythmen oder lässt sie durchgehend pulsieren. Mal erinnert der Sound an Radiohead um die Jahrhundertwende, mal hört man den Einfluss deutscher Bands wie Neu! und Can heraus. Bewusstseinserweiternd wirken diese Klangcollagen, allen voran das Titelstück, das nur aus Synthesizern und einem Streichquartett besteht. Mit aufgerissenen Augen taumelt man auf Stanley Kubricks schwarzem Monolithen gen Unendlichkeit.

Ein wunderbar irritierendes Album voller Träume, Ängste und Zukunftsvisionen. “Now something ain’t right here / The music won’t save you”, murmelt Shemie zwischen wehmütigen Gitarren und Lachkonserven. Wohl wahr, die Musik wird uns nicht retten. Das müssen wir schon selbst tun.