treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

GIOCONDA BELLI & GRUPO SAL

Aus der Werkstatt der Schmetterlinge: Sehnsucht - verkleidet als Frau. Ein Manuskript der Verführung.

Gioconda Belli ist eine der meistgelesenen Autorinnen Lateinamerikas, die hierzulande mit ihren Romanen “Bewohnte Frau”, “Tochter des Vulkans” und ihrer Autobiografie “Die Verteidigung des Glücks” große Popularität gewonnen hat. Als auf für Erwachsene reizvolles Kinderbuch ist das von Wolf Erlbruch kongenial illustrierte Märchen “Die Werkstatt der Schmetterlinge” sehr populär geworden. In Nicaragua in großbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen, studierte Gioconda Belli in Spanien und den USA und schloß sich in jungen Jahren der sandinistischen Befreiungsbewegung an. Ihre Romane und Gedichtsammlungen thematisieren ein weibliches Selbstbewußtsein, daß sich gleichermaßen gegen Machismo und politische Unterdrückung wendet.



Wenn Gioconda Belli aus ihren Gedichten liest, so ziehen drei Jahrzehnte eines leidenschaftlichen Frauenlebens an uns vorbei. Die erotischen Gedichte der jungen Gioconda lösen im katholisch-strengen Nicaragua einen Skandal aus, ihre politischen Texte gegen die Somoza-Dikatatur zwingen sie ins Exil, die Gedichte der reifen Autorin betrauern Abschiede und entfachen doch immer wieder neue Feuer, getrieben von der Lust am Leben. Gioconda Bellis Lyrik von den 70er Jahren bis heute sind Zeugnis von poetischer Kraft, Sinnlichkeit und dem Willen, das eigene Leben und den Lauf der Welt zu gestalten.

Die Übersetzung der Gedichte wird erneut vorgetragen von Viola Gabor, die als Schauspielerin und Freundin Gioconda Bellis einzigartig die Sinnlichkeit und den Witz ihrer Worte ins Deutsche überträgt.

Gioconda Belli, Viola Gabor und Grupo Sal begeistern auf den gemeinsamen Tourneen regelmäßig ein großes Publikum. Einfühlsam, athmosphärisch passend, ergänzt Grupo Sal ihren Vortrag mit zeitgenössischen Liedern von Menschen, die ihre Musik als Medium betrachten, Ohnmacht und Verzweiflung zu überwinden. Zauberhafte Klangbilder und rhythmische Kontrapunkte verweben sich mit den Gedichten zu einer einmaligen Collage der Musik und Poesie Lateinamerikas voll mitreißender Lebensfreude und Hoffnung.

Gioconda Belli und Grupo Sal möchten mit ihren Auftritten die Arbeit von "Pan y Arte" unterstützen -  der Hilfsorganisation für Nicaragua, Vorsitz: Henning Scherf, gegründet von Dietmar Schönherr.

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Seit einem Vierteljahrhundert gilt Grupo Sal im deutschsprachigen Europa als “Stimme Lateinamerikas”. Sechs Musiker tragen mit ihrem individuellen Stil zu einer einzigartigen Interpretation lateinamerikanischer Musik bei. Die Vertrautheit mit zeitgenössischer und klassischer Musik prägt das Arrangement traditioneller und politischer Folklore jenseits von Klischees. Eigenständige Kompositionen erweitern das Repertoire moderner lateinamerikanischer Liedermacher. Charakteristisch für Grupo Sal ist das inspirierte Zusammenspiel von Virtuosität und Leidenschaft. Tradition haben ihre Konzertlesungen zusammen mit Schriftstellern und Schauspielern wie Dietmar Schönherr, Ernesto Cardenal oder Gioconda Belli.


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GIOCONDA BELLI

Gioconda Belli wurde 1948 in Nicaragua geboren. Sie studierte in Spanien und in den USA. Ab 1970 beteiligte sich Gioconda Belli am Widerstand der Sandinistischen Befreiungsfront FSLN gegen die Somoza-Diktatur ihres Landes.

1975 verließ sie Nicaragua und ging ins Exil; zunächst nach Mexico, dann nach Costa Rica. 1976 wurde sie von einem Gericht wegen subversiver Aktivitäten gegen die Somoza-Diktatur in Abwesenheit zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Im August 1978 kehrte sie mit ihren drei Kindern nach Nicaragua zurück, wo sie vor allem im Bereich der politischen Bildung tätig war. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren Kindern wechselweise in Los Angeles und in Nicaragua. Im Mai 1994 adoptierte Gioconda Belli in Nicaragua ein kleines Mädchen (Adriana Castaldi).Publikationen (Auswahl) und Auszeichnungen

1970 Veröffentlichung der ersten Gedichten in der Kultur-
zeitschrift "La Prensa Literaria"
1972 Verleihung des Lyrikerpreises"Mario Fiallos Gil" der Universidad Autonoma de Nicaragua
1974 Der erste Gedichtband erscheint. "Sobre la Grama" (Auf dem Rasen)
1978 Verleihung des kubanischen Literaturpreises "Casa de las
Américas" für den Gedichtband "Linea de Fuego" (Feuerlinie)
1982 Veröffentlichung des Gedichtbandes "Truenos y Arcoiris"
(Gewitter und Regenbogen)
1987 "De la costilla de Eva" (Aus einer Rippe Evas), ausgewählte
Lyrik der Jahre 1982 bis 1986
1987 "La Mujer Habitada" (Bewohnte Frau); Roman
1989 Auszeichnung "Das politische Buch des Jahres" für "Bewohnte Frau"
1990 "Sofia de los pres gios" (Tochter des Vulkans); Roman
1992 Zauber gegen die Kälte; Lyrik, zweisprachig
1994 "La historia de la creacion de las mariposas" (Die Werkstatt der Schmetterlinge)

Waslala (Roman, 3. Aufl. 1996),
Feuerwerk in meinem Hafen (Gedichte deutsch/spanisch, 2. Aufl. 2001)
Die Verteidigung des Glücks (Erinnerungen, 2001)
Ich bin Sehnsucht, verkleidet als Frau (Gedichte deutsch/spanisch, 2003) Peter Hammer Verlag
Das Manuskript der Verführung (Roman, Sept. 2005) Peter Hammer Verlag


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GIOCONDA BELLI
In der Nacht stellt die Ehefrau klar


Nein.
Ich habe nicht die Beine Cindy Crawfords.
Ich verbrachte mein Leben nicht auf Laufstegen,
Modenschauen, sonnenbraun
unter den Lichtern der Fotografen.
Meine Beine sind breit noch bevor sie
in die Hüften münden
und trotz meiner zahlreichen Versuche
im Aerobic-Anzug auf dem Boden zu schwitzen
kann ich ihren Hang zum Ausufern nicht hindern,
wie Säulen, die saftige Stützen brauchen.

Nein
Ich habe nicht die Taille Cindy Crawfords.
Noch den perfekten Bauch, glatt und leicht konkav
mit dem herrlichen Nabel in der Mitte.
Einmal besaß ich so einen Bauch.
Einmal war ich stolz
auf diese Gegend meiner Anatomie.
Das war, bevor ich Camilo gebar,
bevor er beschloß, es eilig zu haben
und diese Welt mit den Füßen
zuerst zu betreten;
bevor der Kaiserschnitt
mir eine Narbe ließ.

Nein. Ich habe nicht die Arme Cindy Crawfords,
gebräunt, gedrechselt, jeder Muskel
durch die richtige Übung gestärkt,
fein austariert die Gewichte.
Meine schlanken Arme haben nicht mehr Muskeln
gebildet, als ich zum Anschlagen
dieser Tasten brauche,
meine Kinder zu tragen,
mir die Haare zu bürsten,
zu gestikulieren beim Reden
über die Zukunft,
die Freunde zu umarmen.

Nein.
Ich habe nicht die Brüste Cindy Crawfords,
hoch und rund, Körbchen B oder C.
Die meinen konnten nie glänzen im Dekolleté,
auch wenn meine Mutter mir versicherte -
eine Mutter eben -,
so auseinanderstehende Brüste seien
die griechischen Brüste
der Venus von Milo.

Ach, und das Gesicht Cindy Crawfords,
vom Gesicht ganz zu schweigen.
Dieser Schönheitsfleck im Munwinkel,
die Züge so geordnet, die großen Augen,
der Bogen der Brauen, die zarte Nase.
Mein Gesicht hab ich aus Gewöhnung gern:
die Elefantenaugen, die Nase
mit ihren offenen Flügeln,
der Mund ansehnlich,
alles in allem sinnlich.
Das Ganze wird annehmbar
mit Hilfe der Haare.
Auf diesem Gebiet bin ich Cindy Crawford
wohl überlegen.
Ich weiß nicht, ob das
ein Trost ist für mich.

Und endlich als schwerwiegenster Beweis:
Ich habe nicht den Hintern Cindy Crawfords,
klein, rund, jede Hälfte exquisit gezeichnet.
Der meine ist hartnäckig groß und breit,
heiliges Gefäß oder Tonkrug,
du kannst wählen.
Unmöglich, ihn zu verstecken,
und alles, was ich tun kann, ist,
mich seiner nicht zu schämen,
sondern ihn zu nutzen,
um bequem sitzend zu lesen
oder Schrifstellerin zu sein.

Aber sag einmal: Wie oft lag Cindy Crawford
dir zu Füßen?
Wie oft schenkte sie dir Zärtlichkeiten am Morgen,
Küsse in den Nacken, während du schliefst,
Kitzeln, Lachen, Fruchteis ans Bett,
ein spontanes Gedicht, einen Vorschlag
für ein Abenteuer, Zukunfsgesichte?
Von welchen Erfahrungen könnte dir
Cindy Crawford berichten,
die auch nur annähernd den meine glichen,
welche Revolutionen, Verschwörungen,
historische Ereignisse kann sie vorweisen?
Bescheidenheit beiseite:
Ist ihr so perfekter Körper
der Ungezügeltheit des meinen fähig,
feurig, zärtlich, Kenner von
Nächten ohne Morgen
und von Morgen ohne Nächte,
kluger Erforscher aller Regionen
deiner Geografie?

Denke gut darüber nach. Wäge ab,
was ich dir biete.
Leg die Zeitschrift weg
und komm ins Bett.