Rabih Abou–Khalil Grenzgänger zwischen den Kulturen Aufgewachsen im kosmopolitischen Klima der sechziger und siebziger Jahre in Beirut, lernte Rabih Abou-Khalil schon im Alter von vier Jahren das Oud, die arabische Kurzhalslaute, zu spielen. In der arabischen Welt ist dieses Instrument so populär wie Gitarre und Klavier zusammen. Der libanesische Bürgerkrieg zwang ihn 1978, sein Land zu verlassen. An der Musikhochschule in München studierte er klassische Musik bei Professor Walther Theurer, der Abou-Khalil die westlich-musikalische Denkweise näher zubringen wusste und es ihm dadurch erleichterte, einen Weg der Kommunikation mit seinen westlichen Mitmusikern zu finden. Die analytische Beschäftigung mit der europäischen Klassik ermöglichte es ihm nun, die traditionelle arabische Musik aus einer zusätzlichen theoretischen Sicht heraus zu begreifen und eröffnete ihm die Perspektive, in musikalisch voneinander abweichenden Koordinatensystemen operieren zu können.
Rabih Abou-Khalil hat sich als Komponist und Instrumentalist auch in der Avantgarde der arabischen Musik längst einen gewichtigen Namen gemacht. Und nicht etwa nur, weil er seiner Zeit weit voraus wäre - vielmehr weil er so manches in Frage stellt, was andere ohne weiteres Nachdenken übernehmen. Er har mit seiner originellen Kompositionstechnik, durch ungezwungene Fortführung und gewagte Auslegung der klassischen arabischen Regeln eine eigene Klangsprache geschaffen. Im zur Ausweitung tendierenden Jazz stellen seine einmaligen Interpretationen mit erfahrenen Meistermusikern, sicher alles in den Schatten, was bisher an Fusion mit nahöstlicher Musik versucht wurde. Im Auftrag des Südwestfunks schrieb Abou-Khalil zwei Stücke für Streichquartett in dem für ihn typischen stark rhythmisch und melodisch geprägten Kompositionsstil. Die Uraufführung mit dem Kronos String Quartet war einer der Höhepunkte beim Jazz-Gipfel 1992 in Stuttgart. Auf seiner CD ,,Arabian Waltz" mit dem Balanescu String Quartet gelang es ihm, das Streichquarett, eine jahrhundertealte Domäne der klassischen Musik, in sein musikalisches Denken zu integrieren. Das - oberflächlich betrachtet - willkürliche Aufeinandertreffen von vermeintlich gegensätzlichen Instrumenten und das scheinbar widersprüchliche Zusammenprallen von Talenten aus verschiedenen Musikrichtungen ist das Resultat eines von Abou-Khalil wohlüberlegten Konzepts. Die bestehenden Unterschiede geraten nämlich unter seiner Regie keineswegs zu babylonischer Verwirrung: Vielmehr werden hier weltoffene Musiker aus verschiedenen kulturellen Hintergründen von einem gemeinsamen intuitiven Verstehen der ernsten Herausforderung inspiriert, welche die Interpretation der Musik Abou-Khalils an sie stellt. Intellektuelle und emotionale Identifikation mit seinen Kompositionen führt zu einer sich immer wieder steigernden Begeisterungsfähigkeit jedes der Aufführenden bis hin zu bisher ungekannter Meisterschaft, die sich mühelos auf das Publikum überträgt. Jedoch der Wunsch, sich zu profilieren, ist nie wichtiger als die Bereitschaft, vereint etwas Neues durchzusetzen und in unberührte Gefilde vorzustoßen. Die verschiedenartigen, aber letztlich alle aus diesem Elixier geschaffenen Werke Abou-Khalils haben sich so weit verselbständigt, dass sie außerhalb der Konventionen stehen und sich daher nur schwer in bestehende Kategorien einordnen lassen. Ein Nachsinnen über Orient oder Okzident, Jazz, Weltmusik oder Klassik erübrigt sich also. Auch eine andere Hochburg der westlichen Musik hat Abou-Khalil schon betreten, das Orchester. Einem Auftrag der Stadt Duisburg folgend, schrieb er Musik für das Ensemble Modern, eines der renommiertesten, aus internationalen Musikern bestehenden Orchesters für zeitgenössische Musik. Zudem schrieb er für das BBC Concert Orchestra in London und Chichester uraufgeführte Werke. "Während der Zusammenarbeit mit Rabih Abou-Khalil fühlte ich mich stark an einen Probenausspruch von Herbert von Karajan erinnert, der lautete: 'Nicht den Taktstrich mitspielen, über den Taktstrich hinaus spielen.' Unglaublich feingliedrige, unregelmäßige Rhythmen zu Melodieketten geformt, die sich im unentwegten Schwebezustand befinden, niemals zur Landung antreten und daraus ein hohes Maß an Charme und Sogwirkung beziehen", fasst der Flötist des Ensemble Modern, Dietmar Wiesner, seine Eindrücke aus den Proben zusammen. Abou-Khalils Musik lebt von der kreativen Begegnung und nicht von der Exotik. Aus ganz verschiedenen Kulturelementen entsteht hier etwas Eigenes und in sich Schlüssiges, keine Chimäre, kein Wolpertinger - halb Hase, halb Ente - sondern etwas Lebendiges und Schönes, wie ein "Blaues Kamel'.
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Mit über 500.000 verkauften CDs gehört Rabih Abou-Kahlil zu den Top-Sellern auf dem deutschen Jazzmarkt. Allein im Jahr 1999 verlieh im die Deutsche Phono-Akademie insgesamt fünf Jazz-Awards. Musikalischer Hintergrund dieses Erfolgs ist seine Interpretation von globalem Jazz. Sie speist sich aus arabischen Wurzeln und involviert europäische Klassik ebenso wie amerikanischen Jazz.
Rabih Abou-Khalil (*17.8.1957) wächst während der 60er und 70er Jahre im politisch brisanten Klima Beiruts (Libanon) auf. 1975 beginnt er an der dortigen Kunstakademie arabische und westliche Musik zu studieren. 1978 flüchtet er vor dem Bürgerkrieg nach München, um sich verstärkt der Querflöte zu widmen. Sein Hauptinstrument bleibt jedoch die Oud, eine Kurzhalslaute, deren Spiel in der arabischen Welt ungefähr so populär ist, wie bei uns Gitarre oder Klavier.
Während des Studiums untersucht er die anregende Schnittstelle zwischen seinen arabisch verwurzelten Traditionen und dem europäischen Klassik-Verständnis. Er erschließt sich die europäische Perspektive und beschäftigt sich intensiv mit der bisherigen kulturellen Höchstleistung der USA, dem Jazz. Auf diesem Hintergrund betrachtet er die Musik seiner kulturellen Heimat mit neuen Augen. Die Fähigkeit, sich in drei verschiedenen musikalischen Systemen zu bewegen, eröffnet ihm ungeahnte Möglichkeiten.
Seine komplexen Kompositionen sind geprägt von diesem Wissen. Sie integrieren arabische Metren und Tonskalen ebenso wie ausgedehnte Improvisationen. Sie berufen sich auf durchkomponierte Melodieabläufe ebenso wie auf technische Virtuosität. In der Zusammenstellung seiner internationalen Besetzungen beweist Rabih regelmäßig ein glückliches Händchen. Zu seinen Kollaborateuren zählen vor allem geistesverwandte "Grenzgänger". Die klassischen Ensembles "Kronos Quartett", "Ensemble Modern" und "Balanescu Quartett" ebenso wie die Jazzgrößen Charlie Mariano (sax) und Kenny Wheeler (trp), Joachim Kühn (p) oder der Weltmusiker Glen Velez (perc).
Den Kulturbegriff hat Rabih Abou-Khalil derweil von allen denkbaren Seiten beleuchtet. Dabei hat er zu einer grenzüberschreitenden Sichtweise gefunden, die ihm nicht nur Freunde beschert. "Die Leute im Libanon sagen, das, was ich mache, sei nicht traditionell genug." Um institutionalisierte Traditionen schert sich der Freidenker aber nicht. "Das, was heute gemacht wird, ist das, was dann morgen zur Tradition werden könnte. Für mich sind echte Sinnlichkeitserfahrungen viel wichtiger. Wenn etwas sich gleichzeitig gut anfühlt, gut riecht, sich gut anhört, gut aussieht ... das sind die Momente, wo wir wirklich wissen, dass wir am Leben sind. Musik ist nur die Art und Weise, wie ich das ausdrücke, was sonst Eindruck auf mich macht."
Eine echte Sinnlichkeitserfahrung stellt er auch mit der 2005er-Einspielung "Journey To The Centre Of An Egg" zur Verfügung. Zusammen mit Joachim Kühn (p/sax) und dem trommelnden Jarrod Cagwin, entführt er uns nicht nur zum Innern eines Eis, sondern zur Idee des Jazz schlechthin: Eine auf höchstem Niveau gestaltete Begegnung dreier Musiker, die sich ausschließlich ihrer Phantasie und Inspiration verpflichtet fühlen. Heraus kommt einer der schönsten Improvisations-Trips, die das Jazzjahr 2005 zu bieten hat.
Zwei Jahre später, in dem Jahr in dem er seinen fünfzigsten Geburtstag feiert, macht er sich mit "Songs For A Sad Women" ein Geschenk von elegischer Schönheit. Die Musiker, die er dieses Mal um sich schart, sorgen alleine durch die Instrumentierung für ein außergewöhnliches Klangerlebnis. Neben der Oud des Protagonisten tragen die armenische Schalmei (Duduk), eine mittelalterliche Bass-Zink (Serpent) und ein Schlagzeug zu einem seltenen Hörerlebnis bei.
Der Gaststar des Albums, Gevorg Dabaghyan, gehört zu den führenden Virtuosen am Duduk, einem archaischen Oboeninstrument. Berühmt wurde er durch seine Kollaborationen u.a. mit Jan Garbarek oder Yo-Yo Ma und dessen Silk Road Project. Abou-Khalils langjähriger Begleiter, der Franzose Michel Godard, legt für "Songs For A Sad Women" seine Tuba zugunsten des Serpents zur Seite. Das Serpent ist ein Renaissance-Blasinstrument aus einem schlangenförmig gewundenen und mit Leder überzogenen Holzrohr. Am Schlagzeug agiert Jarrod Cagwin.
Auf "Em Português" erforscht der ewig Suchende 2008 unbekanntes Terrain. Mit "glaub mir, das ist das Ausgeflippteste, was ich bis jetzt gemacht habe", kommentiert er das Projekt, das er gemeinsam mit dem portugiesischen Sänger Ricardo Ribeiro realisiert. Als der Direktor des Theater Porto ihm 2004 vorschlägt, portugiesische Poeme zu vertonen, denkt Khalil zwar zunächst "das ist, als würde man einen afghanischen Komponisten fragen, ob er nicht auf Deutsch Goethe-Gedichte vertonen wolle." Doch der Hunger kommt beim Essen!
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Seit den frühen 80er Jahren hat Rabih Abou-Khalils unverkennbarer Tonfall unser Bild von Jazz, Orient und Weltmusik mehrmals revolutioniert. Der vielfache Preisträger, geboren im Libanon und seit 1978 in Mitteleuropa zu Hause, steht für eine musikalische Ästhetik ganz eigener Prägung: Arabische Tonskalen, labyrinthische Themen, ungerade Metren und virtuose Improvisationen bilden die Basis einer Musiksprache, die aus dem zeitgenössischen Klangkosmos kaum mehr wegzudenken ist. Bewährt hat sich Abou-Khalils Konzept in ganz verschiedenen Zusammenhängen – ob mit gestandenen Jazzmusikern, orientalischen Meistern, klassischen Streichquartetten, Repräsentanten der World-Music-Szene oder im unbegleiteten Solo. Aus der Ehrenurkunde des Preises der deutschen Schallplattenkritik: "Fernab eines modischen Folklorismus überzeugt Rabih Abou-Khalil mit einer Musik, die aus dem Verständnis unterschiedlicher Traditionen zu zeitgenössischen Ausdrucksformen findet."
RABIH ABOU KHALIL, Oud:
Er studierte am Beiruter Konservatorium für arabische und europäische Musik, seine weiteren Studien führten ihn nach Aleppo und Damaskus. Seit dem Brügerkrieg lebt er in München, hat mit verschiedenen Besetzungen 9 CDs eingespielt, trat bei den größten internationalen Jazz Festivals auf, und komponierte Streichquartette für Kronos sowie für Balanescu.
Rabih Abou-Khalil
Mit über 500.000 verkauften CDs gehört Rabih Abou-Kahlil zu den Top-Sellern auf dem deutschen Jazzmarkt. Allein im Jahr 1999 verlieh im die Deutsche Phono-Akademie insgesamt fünf Jazz-Awards. Musikalischer Hintergrund dieses Erfolgs ist seine Interpretation von globalem Jazz. Sie speist sich aus arabischen Wurzeln und involviert europäische Klassik ebenso wie amerikanischen Jazz.
Rabih Abou-Khalil wächst während der 60er und 70er Jahre im politisch brisanten Klima Beiruts (Libanon) auf. 1978 flüchtet er vor dem Bürgerkrieg nach München, wo er Querflöte studiert. Sein Hauptinstrument bleibt jedoch die Oud, eine Kurzhalslaute, deren Spiel in der arabischen Welt ungefähr so populär ist, wie bei uns Gitarre oder Klavier. Während des Studiums untersucht er die anregende Schnittstelle zwischen seinen arabisch verwurzelten Traditionen und dem europäischen Klassik-Verständnis. Er erschließt sich die europäische Perspektive und beschäftigt sich intensiv mit der bisherigen kulturellen Höchstleistung der USA, dem Jazz. Auf diesem Hintergrund betrachtet er die Musik seiner kulturellen Heimat mit neuen Augen. Die Fähigkeit, sich in drei verschiedenen musikalischen Systemen zu bewegen, eröffnet ihm ungeahnte Möglichkeiten.
Seine komplexen Kompositionen sind geprägt von diesem Wissen. Sie integrieren arabische Metren und Tonskalen ebenso wie ausgedehnte Improvisationen. Sie berufen sich auf durchkomponierte Melodieabläufe ebenso wie auf technische Virtuosität. In der Zusammenstellung seiner internationalen Besetzungen beweist Rabih regelmäßig ein glückliches Händchen. Zu seinen Kollaborateuren zählen vor allem geistesverwandte "Grenzgänger". Die klassischen Ensembles "Kronos Quartett" und "Balanescu Quartett" ebenso wie die Jazzgrößen Charlie Mariano (sax) und Kenny Wheeler (trp) oder der Weltmusiker Glen Velez (perc).
Den Kulturbegriff hat Rabih Abou-Khalil derweil von allen denkbaren Seiten beleuchtet. Dabei hat er zu einer grenzüberschreitenden Sichtweise gefunden, die ihm nicht nur Freunde beschert. "Die Leute im Libanon sagen, das, was ich mache, sei nicht traditionell genug." Um institutionalisierte Traditionen schert sich der Freidenker aber nicht. "Das, was heute gemacht wird, ist das, was dann morgen zur Tradition werden könnte. Für mich sind echte Sinnlichkeitserfahrungen viel wichtiger. Wenn etwas sich gleichzeitig gut anfühlt, gut riecht, sich gut anhört, gut aussieht ... das ist einfach diese Mischung. Das sind die Momente, wo wir wirklich wissen, dass wir am Leben sind. Ich versuche diese Momente so weit wie möglich auszuweiten. Musik ist nur die Art und Weise, wie ich das ausdrücke, was sonst Eindruck auf mich macht."
Die Deutsche Phonoakademie verlieh Rabih Abou-Khalil allein im Jahr 1999 insgesamt fünf Jazz Awards. Mit über 500.000 verkauften CDs gehört er zu den Top-Sellern auf dem deutschen Jazzmarkt. Zur kommenden Tournee erscheint die neue CD The Cactus of Knowledge bei Enja.
Rabih Abou-Khalil bildet mit seiner Gruppe einen musikalischen Brückenschlag zwischen Orient und Okzident, ethnischer Musik und Jazz, Tradition und Moderne. Elemente der Verzierung mit Ornamenten und Melismen geben zusammen mit einer einzigartig fintenreichen Rhythmik dieser Musik den tiefverwurzelten Halt, der den Melodie-instrumenten von der mächtigen Tuba über die arabische Laute, der Klarinette und dem Cello Ausflüge in bisher unbekannte Territorien erlaubt. Die bestehenden Kontraste zwischen den Musikern aus verschiedenen kulturellen Hintergründen, die auch zum Reiz dieser lebendigen Musik beitragen, werden überbrückt von einem gemeinsamen intuitiven Verstehen. Abou-Khalils Kompositionen stellen sicher, daß die Musik dem Verlangen nach Ausdruck der individuellen Talente gerecht wird, und verleihen jeder Aufführung eine internationale Komponente aus einem Guß, die man sonst in der sogenannten "Weltmusik" vergebens sucht.
"Wie ein endlos geflochtenes Band, voll von überraschenden Farbwecheln und geheimnisvollen Ornamenten, zieht der Strom seiner musikalischen Gedanken dahin...Im Paradox dieses "Arabischen Walzers" drängen immer wieder die uralten Klänge einer musikalischen Universalsprache durch alle reich wuchernden Arabesken hindurch an die tönende Oberfläche."
Frankfurter Allgemeine Zeitung
"Ist es Jazz? Wer ein Ohr für gute Musik hat, wird sich diese Frage verkneifen."