i mecht no so vü zeit habm
und no so vü verstehn,
mecht alles, nur kan neid habm,
sollt’s oamoi nima gehn.
i mecht no so vü gspür habm
und mecht no so vü gebm,
ich mecht di ganz bei mir habm
so eng ois wia mei lebm.
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Willi Resetarits - Gesang, Mundharmonika & Gschichtln
Stubnblues Allstars
Stefan Schubert - Gitarren & Gesang
Klaus Kircher - Stehbass & Gesang
Peter Angerer - Schlag - und Schüttelinstrumente & Gesang
Christian Wegscheider - Quetschn, Tasten & Gesang
Chris Haitzmann - Trompete
Herbert Berger - Saxophon
*
Gerald Votava:
Versuch über den Stubnblues
Der Stubenblues.
Es ist schon ein klein wenig zum Thema geschrieben worden, aber das Meiste entstammt mündlicher Überlieferung.
Die Menschen sagen:
i hea ma in stumblus au.
Das kann vielleicht nicht jede/r lesen, ohne zumindest kurz gedanklich und sinnsuchend zu verweilen, jedoch die H.C. Artmann-geschulten Menschen schreiben und lesen mündlich Überliefertes derartig. Die Spezialisten träumen sogar in diesem Duktus.
wos spüd a deamoi, da stumblus?
wos soi a spün? de neiche cedee hoid. da stumblus spüd an stumblus.
Hört sich schön an. Es fliesst und ist inhaltlich korrekt.
Aber das Leben gibt uns Möglichkeiten. Wir dürfen wählen.
Es darf also auch so gesprochen werden:
de stumblus spün in stumblus.
DIE Stubnblues spielen den Stubnblues. Sie sind nämlich nicht einer alleine, sie sind zu fünft. Manchmal sind sie auch sieben. Oder noch mehr.
DER Stubnblues als solcher ist also einerseits die Gesamtheit der beteiligten Musikanten, als auch das was sie spielen. Der und die Stubnblues ist und sind Schöpfer und Schöpfung zugleich.
a blus in ana stumb
Obacht: Die Stubnblues spielen vielleicht auch einmal einen Blues, aber eigentlich nicht sehr oft. Der Blues steht also „pars pro toto“. Er ist eine mögliche Spielart, auf die wir gar nicht näher eingehen wollen, weil der Blues hier für Musik steht, die nicht ohne Herz auskommt, sondern vielmehr selbigem entspringt. Über den Blues ist sowieso schon soviel gesagt und geschrieben worden.
Also soll die Stube beleuchtet werden, damit sie nicht ganz im Dunklen bleibt. Damit wir sehen können, wer da ist.
Natürlich wissen wir, was eine Stube ist. Jeder weiss das von klein auf.
scho von da kindastumb hea.
Viele Menschen sagen, dass es besser ist, wenn die Kinderstube eine gute ist und das trifft auf den Stubenblues genauso zu. Die Stubnblues haben ihre Hausaufgaben gemacht. Seit Jahrzehnten. Technisch und stilistisch ist Sattelfestigkeit hier selbstverständlich. Quer durch den Gemüsegarten:
Wienerlieder. Blues. H.C. Artmann Gedichte. Funk. Samba. Volksmusik. Soul. Und am Anfang war Van Morrison.
seid waun gibz eam eigandlich, in stumblues?
1994 hat der Stubnblues schon einmal den Stubnblues gespielt, ohne zu wissen, dass er ihn spielt und sogar höchstpersönlich er selbst ist. Damals hat das Wort Stubnblues als solches gar nicht existiert.
Bei jenem Konzert/Lesung war er in ungefährer Originalbesetzung mit ihm, dem H.C. selber, gemeinsam auf der Bühne. Sie musiziert und er hat gelesen, der spätere Stubnblues und der H.C.Artmann. Es war im Advent.
a negarin ois maria?
Die Salzburger waren verwirrt, weil mit der Gospelsängerin Doretta Carter damals eine Schwarze in einer Gastrolle als heilige Jungfrau Maria aufgetreten ist.
Empörung, Protest, Santa Maria, eine schwarze Madonna in Echt!
Salzburg war nicht bereit für den Stubnblues und hatte ihn damit zugleich not.
Eine Stube war einst der einzige Raum im Haus, wo geheizt wird. Dort wo alle zusammenkommen. Da wird gegessen, geredet und gesungen. Wer müde ist, macht ein kleines Schläfchen auf der Ofenbank.
eigandlich hod da stumblus am stubnakogl augfaungan
Tatsächlich! Viele Jahre nach dem Salzburger Adventabend ist der Stubnblues, wieder in ungefährer Originalbesetzung, in einer Stube am Stubnerkogel zusammengesessen. Klingt erfunden, war aber so.
Der Stubnblues war in einer Stube am Stubnerkogl. Die Geschichte wird glaubwürdiger, weil wir wissen, dass zu jenem Zeitpunkt das Wort „Stubnblues“ noch immer nicht existent war. Insofern wäre eine Inszenierung einer solchen Situation, nur um einen Bandnamen und einen Musikstil zu rechtfertigen, sinnlos gewesen.
Also der Stubnblues in einer Stube am Stubenkogel. Draussen Schneesturm. Zwei Tage lang keine Chance auch nur die verrotzte Nasenspitze bei der Tür hinauszuhalten. Schnee und Sturm. Drinnen wird auf höchstem Niveau gekocht (Peter Gasteina-Peda Angerer!!!) und gegessen (Klaus Kircher et al.) und praktisch durchgehend musiziert.
Hunderte Lieder werden gesungen und auf Instrumenten gespielt, die halt da waren.
So hat der Stubnblues sein Manifest erfahren, das er später in die Welt getragen hat. Die fünf wackeren Musikanten haben das karierte Tischtuch vom Stubnerkogel eingepackt – man weiss ja nie -, sind zur nächsten Hütte gezogen und haben in dieser frühen Phase zunächst einmal vorwiegend aus dem Van Morrison Songbook musiziert und sind dann zur nächsten Hütte weitergezogen und so weiter. Davon zeugt die erste Stubnblues CD. Aufgenommen zu einer Zeit, als die Band noch die Xtra-Combo war.
da fän
Van Morrison Songs wegen dem tröstlichen Moment. Weil dem Herrn Wilhelm war es immer ein grosses Anliegen auch Trost und Rat zu spenden. Das ist allgemein bekannt und muss hier nicht näher erläutert werden.
Der Stubnblues ist also runter ins Tal gekommen und hat dort Konzerte gegeben. Erst mit kariertem Tischtuch und später ohne.
Die grundsätzliche Instrumentierung aber ist bis heute gleichgeblieben:
Schlagwerk, 4 tiefe und 6 hohe Saiten, Zieharmonika, dazu Blech-, und Holzblasinstrumente nach Bedarf.
Oder er lädt Freunde ein, die Geige spielen.
Der Stubnblues ist sehr gastfreundlich!
wos is jezan midda neichn plottn?
Zunächst: Das neue Repertoire hält am tröstlichen Moment fest.
aus regn
Der Stubnblues täuscht nicht darüber hinweg, wenn etwas nicht stimmt. Wenn was schiefgegangen ist. Wenn was schmerzt.
Wenn die Kommunikation ins Stocken geraten ist.
Er kennt die Beagesriesen en ira weissn Ensamkei. (©H.Qualtinger) Im Tal sind ihm die Krankheiten der Zivilisation begegnet.
Chronisches Stirnrunzeln. Urbane Isolation. Verbissener Pessimismus.
fia des is a a r guade derabii
Ja! Dem therapeutische Aspekt für oben genannte Leiden ist der Stubnblues nicht nur im Konzert verpflichtet. Die Aufhellung von Geist und Seele – auch in Form von Eigenbehandlung des Musikanten selbst – wirkt auch über das digitale Datenformat wahre Wunder. Aber das gilt es selbst zu entdecken.
aus sun
Schönheit, Hoffnung, Freude...
Das ist immer hörbar und spürbar beim Stubnblues.
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Wann de Musik vuabei is
Gibts nimma vü zum Sogn
Do steht ma ganz allaa do
Und fangt se an zum Frogn:
Hob i kriagt wos i woin hob
Oda hob i kriagt wos i vadien
Wü i des wos i kriagt hob
Oda wü i ganz woanders hin
Wann de Musik vuabei is
Is ois wos zum Sogn gibt gsogt
Dann steh i do im Finstan
Allaa mit ois wos mi obetrogt
Wü i des auf wos i gspoat hob
Oda is des genau des wos mi stiat
Wü i nua no zfriedn sei und oid wean
Oda gibts no wos des mi so richtig pockt und riat
Wann de Musik vuabei is
Wü i de Engeln singa hean
Wann de Musik vuabei is
Wü i vua Freid so richtig rean
Wann de Musik vuabei is
Wü i tanzn ois wia bled
Wann de Musik vuabei is
Wü i schrein so laut wias geht
Wann de Musik vuabei is
Wü i gspian, daß i mi gspia
Wann de Musik vuabei is
Wü i des ois zsamm nua mit dia
Wann de Musik vuabei is
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WILLI RESETARITS
BIO GRAFIE
Willi Resetarits wurde am 21. Dezember 1948 als Sohn burgenlandkroatischer Eltern in Stinatz geboren. Als Willi drei Jahre alt war, zog die Familie nach Wien. Ebenso wie seine Brüder, der 1947 geborene Lukas und der 1960 geborene Peter, wuchs Willi kroatisch sprechend auf. Nach der Matura studierte er Anglistik und Sport mit dem Ziel, Lehrer zu werden - obwohl die Musik schon damals ein bestimmender Faktor in seinem Leben war. "Ich hab' mich einfach nicht getraut, von Anfang an nur auf die Musik zu setzen, hab' ein Sicherheitsnetz einziehen wollen", erinnert er sich. Aus der Pädagogenkarriere wurde dann aber doch nichts - stattdessen startete Willi mit der Politrock-Gruppe Schmetterlinge, deren Mitglied er seit 1969 war, durch. Beim Song Contest in London 1977 traten die Schmetterlinge für Österreich an und belegten mit der Schnulze "Boom Boom Boomerang", die Willis Bruder Lukas getextet hatte, einen bravourösen vorletzten Platz.
Als "Ostbahn-Kurti" kam der Durchbruch.
Mitte der Achtziger hob Willi, gemeinsam mit dem Autor und Komponisten Günter Brödl, sein Alter Ego aus der Taufe: Ostbahn-Kurti. Ursprünglich eine bloße Romangestalt aus der Feder Günter Brödls, sollte Ostbahn-Kurti Resetarits' größter Erfolg werden. Schon das erste Konzert im März 1985 im Schutzhaus am Schafberg wollten 600 Besucher miterleben, im selben Jahr kam der Durchbruch mit der Coverversion "Feia/Feuer" des Bruce-Springsteen-Klassikers "Fire". Bis 1994 hieß die Formation um Willi Resetarits "Ostbahn-Kurti & die Chefpartie", später "Kurt Ostbahn & die Kombo". Kult wurde die Radiosendung "Trost & Rat" auf Radio Wien (1995-1998). Auch literarisch ist Willi Resetarits aktiv, als Mitherausgeber des Buches "Beatles, Bond und Blumenkinder - Unser Gefühl in den sechziger Jahren". (2003)
Auftritte als Doktor oder Professor Kurt Ostbahn, wie sie anfangs vorkamen, gab es in späteren Jahren nicht mehr - ganz offiziell legte Ostbahn 1994 seine "akademischen" Titel "Doktor der Önologie (Weinkunde)", "Professor der Kurtologie" und "Obermedizinalrat" zurück.
Aufgeschreckt wurde die große Fangemeinde Anfang 2003 durch Resetarits' Ankündigung, Kurt Ostbahn werde sich von der Bühne zurückziehen - eine Folge des plötzlichen Todes von Resetarits' Wegbegleiter Günter Brödl (10.10.2000), der die kultige Romangestalt ersonnen hatte. Den Fans wird Kurt Ostbahn, der mittlerweile eine fulminante Abschiedstournee absolviert hat, sicher fehlen.
Der Willi hingegen will es nach 20 Jahren Schmetterlinge und 20 Jahren Ostbahn noch einmal wissen: "I ziag jetzt no an Zwanzigjahersziegel durch, mit einer Musik, die ich noch gar nicht weiß, aber die wird wunderschön sein."
Politisches und soziales Engagement war Willi Resetarits stets wichtig. Er fungierte als Mitbegründer von "Asyl in Not" und "SOS Mitmensch" und Obmann des Vereins "Projekt Integrationshaus". Sein unermüdlicher Einsatz für die Belange sozial Schwacher und politisch Andersdenkender brachte ihm sowohl hohe Auszeichnungen wie den Bruno-Kreisky-Preis für Menschenrechte (Ö) und den Josef-Felder-Preis für Gemeinwohl und Zivilcourage (D) als auch eine Verurteilung wegen "Aufrufs zur Wehrdienstverweigerung" ein.