Trevor Dunn hat bereits bei Fantomas und Mr. Bungle gespielt. Gibt das einen Anhaltspunkt für seine Trio-Arbeit als Kontrabassist zusammen mit Mary Halvorson (Gitarre) und Ches Smith (Drums) ab? In gewisser Hinsicht schon, denn auch hier ist der totale Stilmix angesagt. Schon im Auftakter wechseln sich swingender jazz und brachialer Metalcore ständig ab. Das Ergebnis ist allerdings konsistent. Der in San Francisco aufgewachsene und seit einigen Jahren in Brooklyn lebende Musiker ist natürlich mit dem Werk von John Zorn vertraut, kennt dessen Collage-Ansatz aus Naked City- oder Painkiller- Zeiten. Doch Trevor Dunn schließt daran nicht einfach an, sondern geht ganz eigene Wege. Die Stilbrüche erscheinen bei ihm nicht wirklich collagiert, wirken nicht einmal nach hart gesetzten Brüchen, sondern sind kompositorisch stimmig. Selbst dort noch, wo die Gitarre plötzlich im Death-Metal- Stil losjagt, bleibt das Ganze Teil einer Jazznummer. Das ist vor allem Mary Halvorson an der Gitarre zu verdanken, die selbst noch bei den härtesten Attacken zu swingen versteht. Aus irgendwelchen Gründen muss ich an Black Flag denken und daran, dass Black Flag ab ihrer Family-Man- Phase immer wieder als Jazzcore gehandelt wurden, obwohl sie zu dieser Zeit doch viel stärker im Hardrock als im Jazz verankert waren. Die Arbeit dieses Trios hat dagegen viel mehr mit syner- getischem Jazzcore zu tun als nahezu alles, was in den 1980ern als solcher bezeichnet wurde - wobei Core im Grunde nur eine dumme Etikette ist, die zu benutzen zugleich die lyrischen Momente des Trios verkennt, etwa das sechsminütige, dahin schmelzende The Single Petal of a Rose mit Shelley Burgon an der (geradezu klassisch gespielten) Harfe. Es sind die immer wieder bittersüß eingesetzten Kontraste, die dieses Trio von Naked City, aber auch von anderen brachialen Bands wie The Flying Luttenbachers unterscheiden. Bei Trevor Dunn klingt alles lyrisch und fragil, selbst noch die heftigsten Passagen. Hätten sich Jazz-Labels konsequent progressiv weiter entwickelt, müsste so etwas heutzutage eigentlich auf Blue Note erscheinen. Martin Büsser in Testcard #14