treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

TAKSIM TRIO

BOSPORUS SOUL
die bruderschaft der weissen hemden.
ISTANBUL.
Hüsnü Senlendirici: Klarinette & Duduk  
Aytac Dogan: Kanun, türkische  Zither
lIsmail Tunçbilek: Saz - elektr. & akust. Baglama.

Ein ultimatives musikalisches Phänomen aus Istanbul: Bosporus-Soul. Drei türkische Meister-Instrumentalisten holen uns mit ihrer Musik in die Atmosphäre der Teestuben am Bosporus, spüren dem speziellen geschichtsträchtige Klima einer Stadt nach, die bis heute die kulturelle Vielfalt verschiedenster Völker in sich trägt und entwickeln  dabei einen musikalischen Sog, dem man sich gerne hingibt.
Das weltweit umjubelte Taksim Trio schlängelt auf schwerelose Weise durch türkische Volksmusik und verbindet diese subtil mit Einflüssen aus Jazz und Klassik, Gypsy und Flamenco. Das geniale Ergebnis ist eine melodiöse, sich leicht entfaltende Musik, die mit klanglichem Reichtum eine höchst kunstvolle und dynamische Verflechtung von Orient und Okzident bietet.  Abseits von Mainstream und klassischer Kunstmusik,wie eine instrumentale Variante von Folk und Soul geht ihre Musik tief in die Seele.

Taksim Trio - das großartige zeitgenössische Musik-Trio aus Istanbul - kombiniert türkische, klassische und populäre Musik mit Jazz. Die drei einzigartigen Musiker zählen zu den besten und bekanntesten türkischen Instrumentalisten und werden in ihrem Heimatland als Superstars gefeiert.


Die Bruderschaft der weißen Hemden

Dass diese Menschen sehr vertraut miteinander umgehen, äußert sich dennoch, hier wie auch in den kurzen musikalischen Phrasen, die sie sich zuwerfen und manchmal unmittelbar in eine längere Improvisation umsetzen. Dass alle drei in weiße Oberteile gewandet sind, verstärkt den Eindruck der verschworenen Bruderschaft noch. »Das ist wirklich Zufall und hat keine Bedeutung«, muss Aytac Dogan, Kanun-Spieler des Trios, lachen. »Wir haben uns seit heute Morgen nicht mehr gesehen und alle intuitiv etwas Ähnliches angezogen. Unser Assistent trägt übrigens auch ein weißes T-Shirt.«

Dogans Instrument, das Kanun, ist mit Sicherheit das exotischste beim Taksim Trio und in unserem Kulturkreis am ehesten mit der Zither zu vergleichen, ist allerdings wesentlich größer und mit über 70 Saiten bespannt. Die Sicherheit und Lässigkeit, mit der Dogans Finger sich auf diesem Ungetüm bewegen, ist beeindruckend. Er hat zwar erst mit zwölf Jahren angefangen, Kanun zu spielen, aber schon drei Jahre später die Aufmerksamkeit von Profimusikern auf sich gezogen. Anders als seine Kollegen, die das Instrument im klassischen Stil spielen, hat Aytac Dogan eine starke Affinität zu Jazz, Blues, Latin und Gypsy Music und wurde schnell zum gefragten Studiomusiker in der türkischen Popmusikszene. Andererseits ist er bei der Mozartwoche 2007 auch mit dem Wiener Sinfonieorchester aufgetreten. Mit einem Kanun zu reisen, ist gar nicht so einfach. »Das Leder ins Quanun einzupassen, ist eine schwierige Angelegenheit und dauert sehr lange«, beschreibt Aytac Dogan die handwerklichen Details, die sein Instrument so empfindlich machen. »Das Leder wurde auch schon einmal von Zollbeamten entfernt, das war natürlich ein Desaster.«


Zweiter im Bund ist Klarinettist Hüsnü Sentendirici. Er hat schon sehr früh begonnen, Klarinette zu spielen, und erlebte seinen großen Durchbruch bereits mit dreizehn, als er von Okay Temiz in sein Orchester aufgenommen wurde. In den späten 90er Jahren gründete er seine eigene Band, hat aber auch schon gemeinsam mit den Brooklyn Funk Essentials aufgenommen, die bei einem Türkeibesuch auf ihn aufmerksam wurden. Sentendirici hat vor zwei Jahren ein Solo-Album namens The Joy of Clarinet aufgenommen, das in der Türkei die Nummer 1 der Popcharts erreichte, was für Instrumentalmusik auch dort sehr ungewöhnlich ist. Baglama-Spieler Ismail Tuncbilek komplettiert das Trio. Baglama ist eine andere Bezeichnung für die Saz, die traditionelle türkische Langhalslaute. Tuncbilek spielt sie sowohl akustisch als auch elektrisch und ist mit seinen langen Haaren der äußerlich verwegenste der Truppe. Er ist permanent auf Reisen, hat Ägypten, Israel und Spanien besucht, um sich und sein Instrument mit anderer Musik bekannt zu machen. In Spanien hat er Solokonzerte gegeben, aber auch Paco de Lucia begleitet. »All diese Instrumente sind normal in der türkischen Musik, aber in einem Trio wurden sie noch nie zusammengeführt«, erklärt Hüsnü Sentendirici. »Wir sind die besten Freunde, die man sich vorstellen kann, und hatten den Traum, ein Album als Trio zu machen. Deshalb haben wir es überhaupt ins Leben gerufen.«

In ausgiebigen Soli werden die drei Instrumente auf dem Album vorgestellt, in eigenen wie in Fremdkompositionen. »Es ist nicht schwer, Stücke zu finden, die wir spielen wollen«, meint Hüsnü Sentendirici. »Es gibt eine Menge Folksongs, klassische Stücke und World-Music-Stücke, die wir gerne spielen. Das Schwierigste ist, sie für unsere Instrumentenkombination nutzbar zu machen. Am Anfang hatten wir eine Liste von vielleicht vierzig Stücken, die wir gerne gespielt hätten - daraus sind gerade mal ein Viertel übrig geblieben.« Erschienen ist die CD auf dem türkischen Doublemoon-Label (nicht zu verwechseln mit dem Kölner Jazz-Label Double Moon!), die mit rauschhaften Improvisationen zwischen Klassik, Folk, World und Jazz den Hörer in den Bann zieht (Taksim ist nicht nur der Name eines Verkehrsknotenpunktes in Istanbul, sondern bedeutet auch so viel wie Improvisation).

Diese Musik zu verorten, ist gar nicht so einfach. Um sie als Jazz zu bezeichnen, ist sie wohl zu kontemplativ, für klassische Musik zu wild, für Folk wird doch sehr viel improvisiert. »In der Türkei spielen wir meist in Konzerthallen, weil solche Musik in Bars oder Nachtclubs einfach keinen Platz hat«, bestätigt Hüsnü Sentendirici. »Eine Ausnahme ist das Babylon, das unserer Musik offen gegenübersteht und eine Art Jazzclub ist - aber auch hier sitzt das Publikum -, und das kommt unserer Musik auch entgegen.«

Zwei der schönsten Stücke der CD stammen von Ismail Tuncbilek: Der Opener »Bicare« und das sehnsüchtige »Derdin Ne«. »Ich habe nie ein Konservatorium besucht und mir alles selbst beigebracht«, betont Tuncbilek. »Das Auf und Ab des Lebens, der Ärger, die Gefühle - all das findet sich hoffentlich in meinen Stücken. Sie entstehen, wenn wir zusammenspielen, und ich habe sie auch nie aufgeschrieben.« Das eigene musikalische Schicksal zu definieren, ging für die drei Männer vom Bosporus erstaunlich schnell. »Das Album wurde in 24 Stunden aufgenommen«, berichtet Aytac Dogan. »Wir wissen von vielen Jazzmusikern, dass sie oft alternative Takes aufnehmen und ihre Stücke zwei, drei Mal, ja bis zu zehn Mal aufnehmen. Bei uns sind alle Stücke First Takes«, grinst er stolz. Das Taksim Trio erweis sich als ideales Vehikel für Sentendirici, Tuncbilek und Dogan, die bei allem Spaß, den sie bei den Konzertvorbereitungen haben, nicht vergessen, mich beim Abschied darauf hinzuweisen, dass es ihnen mit ihrer Musik sehr ernst ist.