Und darum geht es Heinz nämlich in allererster Linie. Um die Freude an der Sache. In zweiter Linie um ein Spielen mit lustigen Effekten, Backing Vocals vor einfachen, eingängigen Melodien. „Augen auf und durch“ heißt es gewohnt hymnenhaft gleich zu Beginn. „Die Konstante heisst Veränderung“ – druckvoller Powerpop dennoch immer noch. Unverkennbar Heinz. Die leicht leiernden Gesangsharmonien Michi Gaissmaiers, die trotz melancholischem Grundton nie ins Lamento abrutschen. Hier könnte jeder mitsingen, ins Reimen einstimmen. Nicht nur, weil viel von der „allerältesten Geschichte“ die Rede ist („Hat ein jeder schon erlebt / Und immer wieder mal aufs Neue / Happy Enden angestrebt“). Sondern weil Heinz in ihrer poppigen Unzulänglichkeit wunderbar angreifbar bleiben. Mit gebrochenen Phrasen um sich werfen und eine richtig schweinerockende Live-Partie sind.
Zur ersten Single „Mein ganzes Herz“ kann man – use your illusion! – die Heinz-Fans schon vor Erscheinen schwitzen und Bier verschütten sehen. Ungewohnt tanzbar im Beat trägt sie einen leichtfüßig in höhere Sphären (oder ganz nach vorne vor die Bühne). Im versteckten Zitat (”Dein ist mein ganzes Herz“) erweisen Heinz Richard Tauber, einem der erfolgreichsten deutschen Sänger im Berlin der 1920er Jahre (Wikipedia weiß bei Bedarf mehr), die Ehre. Versteckt eben, denn vordergründig dreht sich in 136 Beats per Minute alles um eine heftig beschworene, alles vereinnahmende Leidenschaft. „Stunde um Stunde um Stunde um Stunde / Tag für Tag für Tag für Tag“ – ein die Augenblicklichkeit verklärendes Mantra der jungen, unbändigen Liebe.
Sonst? – Klar, Global Player wird Heinz aus Wien keiner mehr. Dazu sind Michi Gaissmaier (Gesang & Gitarre), Conny Dix (Bass) und Bernd Jungmair (Schlagzeug) auch viel zu sehr die Herzschmerzspekulanten, die man in all den Jahren irgendwie lieb gewonnen hat. Dafür sind Heinz heute erstmals eine richtige Indie-Band, machen alles selbst, lassen sich von niemandem dreinreden, veröffentlichen „Die bunten Fahnen gehen über die Welt“ auf ihrem eigenen Label „Herr Heinz Records“. Schöne Sache. Runde Sache.
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Hisst die Gitarren!
Wir schreiben das Jahr 1995. Michi, Lelo, Conny und Bernd beschließen in ihrer laessigen Art, auf die Schnelle mal eine Band zu gruenden. Und daß sie HEINZ heißen soll.
Heinz war geboren. Deshalb sollte der erste Song ein Geburtstagssong sein. Allerdings nicht für Heinz, sondern für den Kultsender FM4. Unter dem Titel: „Alles Gute, FM4“ schaffen Heinz bereits mit ihrem Debüt den Sprung auf Platz 1 der FM4 Charts. Das Lied ist ein Geschenk und erscheint – leider – nie auf CD.
Doch das Feiern geht weiter. Auch der erste „offizielle“ Release: „Ich hab´ mit Tocotronic Bier getrunken“ kann Heinz´ Zwang zum Feiern nicht verbergen. Eine wahre Geschichte, wie sie wahrer nicht sein koennte. Heftiges FM4 Airplay und viele „tote Bierkatzen im Mund“ sollen nur zwei Folgen dieser ersten Veroeffentlichung sein.
Doch dann, ploetzlich und dennoch voellig unerwartet. Es war im Juni 1996. Auf Anregen des MCA-Oesterreich-Geschäftsführers Joerg Eiben organisieren Heinz ein Konzert im Chelsea. Es ist erst ihr zweiter Gig nach dem gelungenen Support von Selig in der Arena. Und bereits dieses 2. Konzert soll alle Weichen für die Zukunft stellen. Ueberraschenderweise fliegt der MCA-Deutschlandchef Heinz Canibol extra ein. Nach diesem Abend ist auch er Ueberzeugt.
Schnell ist man sich einig. Noch im selben Monat unterschreiben Heinz einen G/S/A Deal in Hamburg. Im Oktober soll das erste Album erscheinen. Der Titel: „Welsfischen am Wolgadelta“ versteht sich als Anleitung zum Froehlichsein. Die Single: „Schlafen ohne dich.“ ist einer jener Ohrwuermer von Heinz, die nicht nur von wohlgelaunten Welsfischen am Wolgadelta an sonnigen Tagen gepfiffen werden. Das Debuetalbum von Heinz laeßt auch jene Kritiker, die bisher nichts mit Welsen und Wolga zu schaffen hatten, enthusiastisch in die Haende klatschen.
Michi, Lelo, Conny und Bernd spielen live und spielen vor allem live. Die vielgeruehmte Stimmung auf den Konzerten von Heinz laeßt sich wie folgt beschreiben. Menschen geben sich eigenartigen frohgemuten Ausdruckstaenzen hin, sie klatschen, sie singen, so soll´s sein. Das Motto eines Heinz Konzerts heißt eben: Spass und nochmal Spass. Im Dezember 1996 bringen Heinz den Spass nach Deutschland. Nämlich im Rahmen ihrer 14-tägigen Deutschland Tour als Support von Throw That Beat.
Ein Jahr spaeter. Die Welt kann jetzt wirklich jeden Heinz Song auswendig. Deshalb erscheint im Oktober 1998 das zweite Album von Heinz. Unter dem Titel: „Elektroboot, bitte“ wird einerseits ein weiteres Mal die Liebe zur See unterstrichen, andererseits Dauerbrenner wie „Schoen“, „Wenn ich 18 bin“ und „Ich waer gern Johnny Depp“ praesentiert. Letztere soll auch die neue Single sein. Die Kritiker klatschen schon wieder in die Hände. Es sollen kaum 2 Tage vergehen, die Welt kann auch alle Songs dieses Albums auswendig.
Doch bis zum naechsten Album sollen viele Welse durch die Wolga schwimmen und noch mehr Elektroboote die Alte Donau hinunterfahren. Zunaechst wird viel live gespielt. Support Tournee für Ocean Colour Scene und Hurricane #1 (Band des Oasis Bassisten Andy Bell) in Deutschland sind nur zwei Beispiele für die mächtige Livepraesenz von Heinz.
1998 kommt es zur Trennung zwischen der MCA und Heinz. Der Grund: Unüberbrückbare Differenzen. Heinz geht in die Offensive. Gemeinsam mit dem oesterreichischen HipHop Act Schoenheitsfehler nimmt man eine Coverversion des Bloodhound Gang Hits: „Fire Water Burn“ auf. „Mein Ruf ist im Eimer“ nennt sich die Gruppenarbeit der beiden Acts und stellt das Motto einer gemeinsamen Tournee dar. Und wieder das alte Spiel: Die Kritiker mit den klatschenden Händen und das Publikum, das staendig auswendig lernen muß.
Oktober 2000. Es ist wieder Zeit zu klatschen und Lieder auswendig zu lernen. Dieses Mal ist sie im Auftrag der BMG unterwegs. Und zwar sowohl in Oesterreich als auch in Deutschland. Viele Gerüchte gab es um den Titel. Wird es wieder etwas mit der See zu tun haben? Der Titel des Albums lautet: „PASADENA“. Und bereits mit der ersten Single: „Lieb im Prinzip“ werden jene eigenartigen Ausdruckstänze frohgemuter, feiernder Jugendlicher fortgefuehrt.
Sommer 2002. Nach langem, anstrengendem aber auch sehr aufregendem Touren durch die deutschsprachigen Lande Mitteleuropas fanden sich Heinz wieder im Studio ein, nicht ohne vorher auf diversen Sich-Erholungsreisen Kraft, Energie und Ideen für neue Songs gesammelt zu haben. Das Ergebnis ist teils Ueberraschend, teils typisch Heinz – in jedem Fall jedoch für das Fanherz und auch für alle anderen ein wahrer Freudentanz. „Ode an die Welle“, die erste Single aus dem Album KARATE KARATE, zeigt schon, dass sich Heinz´ musikalisches Spektrum erweitert hat – immer noch Gitarre, immer noch Michis unverkennbare rotzige Stimme, aber doch mit einer Prise Melancholie und einem Hauch von Indie, die diese Single zu einer ganz besonderen macht! Ein Liebeslied nicht nur fuer die Welle, sondern eines dieser, welches man mit jemandem teilt, der einzigartig ist.