Wie eine nordische Fee, die einer der alten Sagas oder gar einem Fantasy-Epos wie dem „Herrn der Ringe“ entsprungen war, stand sie da: Schulterlanges blondes Haar, barfuß, mit einem altertümlichen, Tunika-artigen Kleid angetan, wiegte sie sich in unprätentiöser Natürlichkeit im Takt der Musik, um sich mit glöckchenklarer, unmanierierter Stimme in diese immer wieder einzuklinken. Es war zweifellos ein starker Eindruck, den Eivør Pálsdóttir im April letzten Jahres anlässlich ihres ersten Wien-Gastspiels als Mitglied der Formation Yggdrasil um Pianist Kristian Blak machte. Und einen ebensolchen dürfte die ganze 22 Jahre junge Sängerin und Gitarristin auch anlässlich ihres Österreich-Debüts mit eigenem Projekt machen, wird sie in Europas Medien doch bereits als „Björk der Faröer“ gehypt. Was rein geografisch gesehen unbestreitbar stimmt, denn von der zu Dänemark gehörigen, hierzulande mit einem fußballesterischen Trauma namens „Landskrona“ assoziierten Inselgruppe zwischen Island und Schottland, genauer: aus dem 1000-Seelen-Dorf Gøta, stammt die junge Frau. Der Vergleich mit Björk ist freilich nicht nur aufgrund der unterschiedlichen vokalen Timbres problematisch: Pálsdóttir ist stilistisch weit schwieriger einzuordnen als ihre berühmte Kollegin, bildet doch die Folklore-Tradition ihrer Heimat ebenso einen fixen Bezugspunkt wie die Song-Kunst eines Leonard Cohen oder Jazz. In letzteren Kontext wurde Pálsdóttir zuletzt mit dem Projekt „Trøllabundin“ gestellt, in dessen Rahmen die Herren der nicht ganz unrenommierten Danish Radio Big Band sich der Lieder des jungen Shootingstars annahmen. Nach Österreich reist Pálsdóttir nun freilich mit Begleiter Bill Bourne an, dem kanadischen Gitarristen und Sänger, mit dem sie 2004 das Album „Eivør“ aufgenommen hat – eine vielversprechende Visitenkarte als englisch, schwedisch, isländisch und faröisch singende, Folklore-verwurzelte Singer/Songwriterin. Eivør Pálsdóttir – eine feenhafte Erscheinung am Beginn einer vielleicht märchenhaften Karriere. (Andreas Felber)