In geradezu rasanter Weise hat Roy Hargrove die Stufen zum Olymp der Jazzmusiker erklommen, nachdem er sich 1987 als 17jähriger bei einem Konzert in Fort Worth/Texas mit Wynton Marsalis auf der Bühne messen durfte. Diese Begegnung mit dem Guru der Neotraditionalisten war für den jungen Trompeter der erste große Schritt in Richtung seiner internationalen Karriere.
Er wurde seitdem als Wunderkind gehandelt, erst recht, als er gerade mal 19 Jahre alt, sein erstes Album "Diamond in the Rough" veröffentlichte. Seitdem hat er sich ein breites musikalisches Spektrum erschlossen. Roy Hargrove blies derart unbekümmert und kreativ in sein Instrument, dass er schnell zu den Vorzeigemusikern der sogenannten Young Lions in den frühen 90er-Jahren gehörte. Eine Etikette allerdings, die von den meisten der so bezeichneten Musiker überhaupt nicht gemocht wurde. Im Vergleich zu vielen Kollegen dieser Epoche hat sich Hargrove jedoch schon sehr bald vom Image der stilistischen Angepasstheit gelöst. In seiner mittlerweile umfangreichen Diskografie befinden sich auch Kuba-Experimente, Bigband-Projekte und etliche Platten, die knietief im Soul, Funk und Hip Hop wurzeln. "Ich habe den Anspruch, dass jede meiner Platten auf gewisse Art und Weise ein Ereignis wird, und ich würde mich sehr freuen, wenn die Hörer sich auch rückblickend noch an meine jeweilige Musik erinnern können. Ich versuche jedenfalls nicht, das gleiche bewährte Muster ständig zu wiederholen", sagt Hargrove im Interview. Eine große Konstante in Hargroves Werk ist sein Quintett geblieben, mit dem sich der Trompeter immer wieder sehr kreativ und mit einer verblüffenden Eleganz mit dem Erbe des Hard-Bop beschäftigt“.
ROY HARGROVE trumpet
JUSTIN ROBINSON alto-sax
SULLIVAN FORTNER piano
AMEEN SALEEM bass
QUINCY PHILIPPS drums
In geradezu rasanter Weise hat Roy Hargrove die Stufen zum Olymp der Jazzmusiker erklommen, nachdem er sich 1987 als 17jähriger bei einem Konzert in Fort Worth/Texas mit Wynton Marsalis auf der Bühne messen durfte. Diese Begegnung mit dem Guru der Neotraditionalisten im Caravan of Dreams Art Center in Fort Worth war für den jungen Trompeter der erste große Schritt in Richtung seiner internationalen Karriere. Nach einem kurzen Studienaufenthalt am Berklee College of Music (1988/89), spielte der aufstrebende Hargrove im Dezember 1989 u.a. mit den Veteranen Al Foster und John Hicks für Novus sein Debütalbum ein, das den äußerst passenden Titel "Diamond In The Rough" trug - denn der damals gerade einmal 20jährige Protagonist war in der Tat ein "ungeschliffener Diamant".
Weitere vier Alben sollten Schlag auf Schlag für das Novus-Label folgen: "Public Eye" (1990), "The Tokyo Sessions" (1991), "The Vibe" (1992) und "Of Kindred Souls" (1993). Jedes einzelne konsolidierte Hargroves Ruf, die neue Speerspitze der "Young Lions", jener Hüter und Bewahrer des traditionellen Jazz, zu sein. Nicht von ungefähr schrieb der bekannte Kritiker Gary Giddins 1993 in der Village Voice: "Hargrove ist der beste Jazztrompeter seit Wynton Marsalis und der aufregendste seit Freddie Hubbard."
Erste musikalische Erfahrungen hatte Roy Hargrove in seiner Heimatstadt Dallas in Texas gesammelt. Der Schlagzeuger Dean Hill, der an der Highschool einer von Roys Lehrern war, weckte in dem Youngster das Interesse an der Musik von Clifford Brown, Fats Navarro und Lee Morgan. Die Bebop- und Hard-Bop-Trompeter wurden so zu seinen großen Vorbildern und bestimmten Hargroves eigene musikalische Ausrichtung in den Anfangsjahren seiner Karriere. Noch bevor er seinen Highschool-Abschluß in der Tasche hatte, zählte Hargrove neben Wynton Marsalis auch schon Jazzlegenden wie Dizzy Gillespie, Sonny Rollins und Frank Morgan zu seinen Bewunderern. Dabei begeisterte er diese nicht nur durch seine technische Perfektion, sondern vor allem durch den hohen emotionalen Gehalt seines Spiels, durch seine Fähigkeit, mit dem Horn lyrische Geschichten zu erzählen. Daß er bereits in jungen Jahren einen eigenen Kopf hatte, bewies Hargrove, als er ein verlockendes Angebot von Art Blakey, der ihn in seinen Band The Jazz Messengers holen wollte, ablehnte, weil er damals noch zur Schule ging.
Während Roy Hargrove in der ersten Hälfte der 90er Jahre seine ersten fünf Alben unter eigenem Namen einspielte, machte er auch eine Reihe von Aufnahmen an der Seite von alten und neuen Meistern des Jazz wie Sonny Rollins, Jackie McLean, Frank Morgan, Slide Hampton, Johnny Griffin, Ricky Ford, Ralph Moore, Antonio Hart, Stephen Scott, Rodney Kendrick und Marc Cary. Und schon bald gab es auch erste Indizien dafür, daß ihm das Korsett des "Young Lion" ein wenig zu eng wurde. Auf Platten von Diana Ross, Steve Coleman & The Five Elements und Buckshot LeFonque (a.k.a. Branford Marsalis) streckte Hargrove seine Fühler in neue musikalische Richtungen aus.
Auf seinen eigenen Alben blieb er zunächst dennoch dem traditionelleren Jazz treu. 1993 wechselte Hargrove zu Verve Records und nahm für das legendäre Label die brillanten Alben "With The Tenors Of Our Time" (1993 mit u.a. Johnny Griffin, Joe Henderson, Branford Marsalis, Joshua Redman und Stanley Turrentine), "Family" (1995 mit einem Gastauftritt von Wynton Marsalis) und gemeinsam mit zwei weiteren jungen Stars des Verve-Labels - Pianist Stephen Scott und Bassist Christian McBride - "Parker's Mood" (1996) auf. Einem exzellenten Abstecher zum Cubop, der auf dem Album "Habana" (1997) dokumentiert ist, folgte 1999 das mit Streichern aufgenommene Balladen-Opus "Moment To Moment" (1999), das einem natürlich sofort das 1955 entstandene Album "Clifford Brown With Strings" in Erinnerung rief.
Dann legte Roy Hargrove seine Solokarriere vier Jahre lang auf Eis, um sich in musikalische Projekte von anderen Künstlern einzubringen: So spielte er auf zwei Alben des Rappers Common mit, begleitete die NeoSoul-Diva Erykah Badu, die er noch aus seiner Highschool kannte, und den Sänger D'Angelo. Als Partner von Herbie Hancock und Michael Brecker nahm er 2002 für Verve außerdem das mit zwei Grammys ausgezeichnetete Album "Directions In Music: Live At Massey Hall" auf, eine Hommage an Miles Davis und John Coltrane.
Als sich Roy Hargrove 2003 endlich mit einem eigenen Projekt zurückmeldete, überraschte er die Jazzwelt, die seine vorangegangenen musikalischen Seitensprünge mit Common, Erykah Badu und D'Angelo kaum wahrgenommen hatte: Denn auf dem Album "Hard Groove" präsentierte er mit einem Ensemble namens RH Factor eine hochspannende Fusion aus NeoSoul, HipHop und Jazz. 2004 ließ er mit RH Factor noch die EP "Strength" und 2006 das Album "Distractions" folgen. Als Gäste wirkten an den drei Einspielungen, die auch in Jazzzirkeln überschwenglich gelobt wurden, u.a. NeoSoul-Stars und Rapper wie Common, Erykah Badu, D'Angelo, Renee Neufville, Me'Shell NdegéOcello, Stephanie McKay, Q-Tip und Omar mit.
Parallel zum letzten Album von RH Factor veröffentlichte Roy Hargrove jedoch auch eine neue Platte, die er mit seinem akustischen Quintett und Gaststar Slide Hampton eingespielt hatte und die seine Rückkehr zum lupenreinen Jazz markierte: "Nothing Serious". Nach einer Umbesetzung des Quintetts nahm der Trompeter das 2008 erschienene Album "Earfood" auf, auf dem er sich der Pflege des Hard-Bop-Erbes widmete. Obwohl er hier gelegentlich Erinnerungen an Art Blakeys Jazz Messengers, das Horace Silver Quintet und das frühe Quintett von Herbie Hancock mit Freddie Hubbard und Dexter Gordon weckt, fällt Hargrove dabei natürlich nicht komplett in die 50er und 60er Jahre zurück, sondern verjüngt und modernisiert das Hard-Bop-Idiom auf subtile Weise. (Jazzecho)
Die Diskussionen, ob Jazz eine Kunstform sei (und damit dem seichten Kommerz abhold) oder ob er als sogenannte U-Musik sich dem Geschmack der breiten Masse annähern dürfe (selbstverständlich um den Verlust seiner Seele), sind so alt wie alle Sektenbildungen im Jazz, die spätestens zu jenem Zeitpunkt absurde Formen annahmen, als Miles Davis sich dem Pop zuwandte und eine ihm eigene revolutionäre Synthese aus Pop, Rock und Jazz schuf, zusammen mit Musikern wie Herbie Hancock. Der ging auf dem Weg in die populäre Musik noch einige Steps weiter – erinnert sei an die zweite, funkige Version seines ‚Watermelon Man’ oder an ‚Chameleon’, funky tunes mit Leitbildcharakter, die in den frühen Siebzigern entstanden.
Roy Hargrove sieht sich in dieser Tradition, wenn er mit seinem ‚RH-Factor’ die Einflüsse der heutigen Zeit, u.a. Hip Hop, Funk, und Rap mit Jazz-Elementen zu einer groovigen Musik mixt, die ein breites, in den USA vor allem afroamerikanisches, Publikum erreicht.
Als Trompeter, der stilistisch Neuland ohne Berührungsängste zu betreten weiss – erinnert sei an die Zusammenarbeit mit Kubas besten Musikern wie Chucho Valdes und Miguel ‚Anga’ Diaz im afrokubanischen „Havanna“-Projekt – orientiert sich Roy Hargrove mit RH Factor stark an Freddie Hubbard, der in den Siebzigern coole Soul-Jazz-Nummern mit schwarzen Chören unterlegte und damit eine Art UrSpur für heutige Rap- und Hip-Hop-Jazzsynthesen legte. Mit dem neuen Album ‚RH Factor - Hard Groove’ zeigt sich der 1969 in Waco geborene Roy Hargrove am Puls der Zeit, wenn er sich mit Musikern wie Erykah Badu, Anthony Hamilton, D’Angelo oder Q-Tip zusammentut, wobei Alt-Jazzer Steve Coleman ebenfalls mit von der Partie ist. Und wenn Roy Hargrove sagt: „Es gibt verschiedene Arten zu swingen. Funk und Groove swingen auf ihre Weise“, dann gibt er damit zugleich zu verstehen, dass er sich dem klassischen Jazz und dessen Methoden, Intensität und Athmosphäre zu erzeugen, durchaus noch verbunden fühlt. Es kann für ihn denn auch keine Rede sein, den Jazz, so wie er ihn jahrelang gepflegt hat, ad acta zu legen. Schon deshalb nicht, weil in einer Funk-Band für ihn kein solistischer Raum besteht, wie er ihn im Hard Bop Quintett selbstverständlich beansprucht.
Nichtsdestotrotz scheint sich Roy Hargrove inmitten schwarzer Groove-Spezialisten sehr wohl zu fühlen. Wann hat er schon ein derart relaxtes Solo gespielt wie auf ‚I’ll stay’, einer der wenigen Kompositionen übrigens, die nicht aus seiner Feder stammen? Das langsame Stück lebt von einem Sound-Teppich, den das Fender-Piano, der Bass und ein mehrstimmiger Soul-Chor unterlegen. Daneben gibt es Stücke, die an Fred Wesley und Maceo Parker und an Weather Report erinnern. Roy Hargrove entwickelt einen mitreissenden Drive - auf ‚Pastor T.’, ‚The Joint’ oder ‚Juicy’. Zurücklehnen und geniessen.
Die Erwartungen an dieses Konzert sind groß – hatte doch Roy Hargrove mit seinem gerade erschienen Album "Hard Groove" seine zweite Seite offenbart: die Leidenschaft für tanzbare Grooves, Hip Hop- und DJ-Beats und alles was das Jazzumfeld in Richtung Clubmusik ausdehnt.
Der Texaner Roy Hargrove zählt zu den aufregendsten Trompetern unter den jungen Jazzlöwen. Technisch und musikalisch auf sehr hohem Niveau, bewegt er sich auf den Bühnen auch als Entertainer sehr geschickt. Ob Main-stream-Jazz oder Latin, in beiden Genres brilliert der Hochtöner. Gerade die hohen Frequenzen sind das bewährte i-Tüpfelchen vieler Sessions. Trotzdem federt sein Ton auch in diesen Registern und sticht nicht in den Gehörgängen wie bei manch anderen Spielern.
Entertainment heißt bei ihm auch Gesang, teils mit leichtem Souleinschlag, teils im Louis-Armstrong-Stil. Armstrong ist für ihn nicht nur als Trompeter bedeutsam, sondern als Visionär: „Louis hat den rhythmischen Sprechgesang erfunden und ihn mit Musik unterlegt, ähnlich wie es heute im Hip-Hop mit DJs an ihren Plattenspielern geschieht. Er ist der Urheber des Rap, der in den späten 70ern, Anfang der 80er zum Beispiel durch die Sugarhill-Gang groß rausgekommen ist!“
Roy Hargrove liebt Spontan-Einsätze. So kann es durchaus passieren, dass er am Ende eines Auftritts noch mit einer Einlage als Breakdancer glänzt.
( und was vermeldete die jazzpolizei nach der ausverkauften frenetisch gefeierten premiere im berliner tränenpakast:
"Mit zwei Schlagzeugern – Willie Jones III und Jason Thomas , oft im Unisonospiel zu hören –, und Bassist Reggie Washington war der Groove-Teppich bereits ausgebreitet. Bobby Sparks tobte sich an Hammond B3 und insbesondere an seinem Korg Triton Keyboard aus und ließ sich auch das ein oder andere expressive Solo nicht nehmen.
Sowohl Hargrove als auch die beiden Saxofonisten Keith Anderson und Jacques Swartzbart bildeten entweder einen astreinen Bläsersatz oder legten wunderbar improvisierte Soli hin. Last but not least: Sängerin und Keyboarderin Renee Neufville war der 'weibliche Hingucker' des Abends – gerne hätte so mancher sie noch öfter mit ihrer ausdrucksstarken Stimme am Mikrophon gesehen.
Was war es denn nun für ein Konzert? Tobende, groovende Musik, ein begeistertes Publikum, so mancher Tänzer, der die Bestuhlung des Saales vielleicht unangemessen fand und eine Musik, die wohl eher als Fusion-Jazz durchgehen würde. Den Energiepegel, den die Band den ganzen Abend gehalten hat, wünschte man sich in so manchem anderen Konzert – leider vergeblich. "Hard Groove" – so der Titel des Hargrove-Albums, so auch der Konzertabend – super!
letzte meldung
Die amerikanische Bürgerrechtsorganisation NAACP (National Association for the Advancement of Colored People) nominierte dieses Jahr gleich zwei schwarze Verve-Künstler mit ihren Alben für den Image Award, der an den ihrer Meinung nach herausragenden Jazzkünstler des Jahres 2003 gehen soll. Trompeter Roy Hargrove ist mit "The RH Factor - Hard Groove" im Rennen und Sänger Aaron Neville mit "Nature Boy - The Standards Album.