Natacha Atlas - Vocals, dancing
Alcyona Mick - Grand piano
Vasilis Sarikis - Percussion
Aly Abdel-Alim - Percussion
Ivan Hussey - Cello
Andy Hamill - Acoustic Bass
Louai Al Henawi - Ney
Samy Bishai - Violin / MD
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Musikalisch und biographisch betrachtet war Natacha Atlas schon immer auf Wanderschaft. Die anglo-ägyptische Sängerin hat mehr als ein Jahrzehnt damit verbracht, elektronische Beats mit nordafrikanischer und arabischer Musik zu vermischen. Dabei hat sie zwischen scheinbar getrennten musikalischen Genres Verbindungen aufgespürt, hat neuartige Klangwelten erforscht und mit einer Vielzahl von Gleichgesinnten überall auf der Welt zusammengearbeitet. Das Ergebnis ist zugleich ein wahrhaftiger Triumph des wahren Multikulturalismus und ein Zeugnis des Reichtums und der Zugänglichkeit der arabischen Kultur.
Darüber steht, natürlich, Atlas außergewöhnliche Stimme. Sie verschmilzt Sinnliches mit herrlich Leidenschaftlichem, Graziles verbindet sich mit Melisma und Mikrotönen – und dabei werden Stile des Mittleren Ostens und des Westens mit instinktiver Leichtigkeit überbrückt. Ein Album, das in die Vergangenheit schaut und sich gleichzeitig die Zukunft ausmalt, mit Auftrieb von einigen der besten klassischen und traditionellen Musikern dieser Tage.
Natacha Atlas ist die Tochter eines Dozenten für Neurologie ägyptischer Abstammung und einer englischen Kostümdesignerin. Sie wurde in Belgien geboren und wuchs in einem marokkanischen Vorort von Brüssel auf. Sie wurde mehr oder weniger den Sprachen Französisch, Arabisch, Spanisch und Englisch mächtig und studierte Gesang und Bauchtanz-Techniken (raq sharki), die sie auch heute mit einschneidendem Effekt einsetzt. Ihr Großvater väterlicherseits hatte den Familiennahmen “El Atlasi” abgekürzt, als er in Europa ankam: “Ich habe Verwandte in Marokko, die weiter zurück gehen als meine Verwandten in Ägypten,” berichtet sie London-Vokalen. “Der Name ist aber auch in Syrien und im Libanon zu finden.”
Die große Schallplattensammlung ihres Vaters reichte von Klängen des Mittleren Ostens bis hin zur Klassik des Okzidents (“Meine Mutter stand mehr auf Led Zeppelin”). Das Haus, dass sie sich mit ihren Brüdern und Schwestern teilte, wog sich zu den unverwechselbaren Stimmen der ägyptischen Diva Oum Kalsoum, dem libanesischen Tenor Wadi El Safi und Libanons geliebter Fairuz, die Material interpretierte, das für sie von den Rahbani Brothers geschrieben wurde. “Ich liebte einfach diesen Fairuz/Rahbani-Musikstil, weil es eine Fusion war. Die Rahbanis hatten sich sowohl mit westlicher als auch mit arabischer Musik auseinandergesetzt und vermischten sie schon, bevor ich geboren war. Es machte für mich einfach Sinn.”
Später, als sie nach der Scheidung ihrer Eltern ein Internat in Sussex, England besuchte, wuchs in ihr eine Teenagerliebe zu Abdel Haleem Hafiz, dem sehr populären ägyptischen Sänger, Schauspieler und Herzensbrecher, der 1977 im Alter von 47 Jahren starb. Mit 16 zog sie mit ihrer Mutter für zwei Jahre nach Northampton, wo sie der erste arabische Rockstar der Stadt wurde. Dann fing sie an zu reisen, darunter nach Griechenland, in die Türkei und durch den Mittleren Osten, um Verwandte zu besuchen und Inspiration zu finden. Für eine Weile pendelte sie zwischen Großbritannien und Brüssel, sang in einer Vielzahl von arabischen und türkischen Nachtclubs und sogar in einer belgischen Salsa-Band.
Es war klar, dass ihre Stimme Aufsehen erregen würde. Im Jahr 1991 hatte sie Gastauftritte für zwei sehr unterschiedliche Künstler – für die Beatcrew „¡Loca!“ Von den Balearen und den mittlerweile mythischen Jah Wobble, der gerade seine neue Band „Invaders of the Heart“ um sich versammelte – das zementierte ihren Ruf. „Timbal“ von „¡Loca!“, ein Track auf einer Nation Records-Compilation, wurde ein Clubhit, und Wobbles Album „Rising Above Bedlam“ – für welches Natacha fünf Tracks mitschrieb – wurde für einen Mercury-Award nominiert. Das progressive Nation Label führte sie in „TransGlobal Underground” ein, ein multikulturelles Kollektiv in London, die sie schließlich als Leadsängerin engagierten und die sie gleichzeitig dazu ermutigten, eine Solokarriere zu starten.
Tim Whelan, Hamid Mantu und Nick Page (aka Count Dubulah) von „TransGlobal Underground” wurden Schlüsselfiguren bei der Entstehung ihres Debuts “Diaspora” im Jahr 1995. Das Album kombinierte den Dub und die Beats der tanzbaren Hybridität von „TransGlobal Undedrground“ mit traditionellem arabischem Flair, und die Songs über Liebe und Verlust kündigten die Ankunft eines neuen, großartigen Talents an. Im Jahr 1997 folgte das Album “Halim”, zwei Jahre später kam ihr Durchbruch mit „Gedida“. Die arabisch gefärbte Version des Songs „Mon Amie La Rose“, ein Stück, das durch die französische Gesangsikone Francoise Hardy berühmt wurde, eroberte in Frankreich die Top Ten und brachte ihr die Auszeichnung „Beste Sängerin“ bei den Victoire de la Musique-Awards ein. „The Remix Collection” aus dem Jahr 2000 vereinte von Größen wie Talvin Singh und Youth überarbeitete Tracks aus den drei Vorgängern.
Ihr viertes Album „Ayeshteni” (2001) bot eine geniale Interpretation von Screaming Jay Hawkins “I Put A Spell On You”, berühmt geworden durch Nina Simone. Es gab noch weitere Coverversionen in englischer Sprache – James Brown’s “It’s A (Man’s Man’s) Man’s World” und jetzt, auf “Ana Hina”, eine großartige Interpretation von “Black Is The Colour” von Nina Simone – Seite an Seite mit einigen Themen aus James Bond. Ihre Songs waren bei Seifenopern in Ägypten zu hören, und obwohl sie hauptsächlich in Großbritannien zu Hause ist, hat sie ein Zimmer bei ihrer besten Freundin in Kairo und kommt zu Besuch, wann immer sie kann.
“Ich verwandle mich in dem Moment, in dem ich dort ankomme,” erzählt sie mit einem Lächeln. “Meine Persönlichkeit verändert sich quasi um 180 Grad. Ich stehe spät auf, liege herum und Schau mir auf dem Rotana TV-Kanal Schwarzweißfilme an, und ich gehe mit Freunden in Sisha-Bars.”
Sie ist entschlossen, sich selbst in neue und andersartige Richtungen zu bewegen. So veröffentlichte sie im Jahr 2002 das schimmernde Ambient-Album „Foretold in the Language of Dreams“ mit dem Komponisten Marc Eagleton und dem Ganun-Meister Abdullah Chadeh. “Ich mag es nicht, eingeschränkt zu sein, oder gesagt zu bekommen, was ich tun soll. Und außerdem kann man nicht ständig das Gleiche machen.” Im Jahr 2003 wechselte sie wieder die Marschrichtung mit „Something Dangerous“ – ein Album, dass so ziemlich alles von Rap, Drum’n’Bass und Dance bis hin zu R&B, Hindi-Pop und französischem Chanson mit einschloss, und auf dem sie in Arabisch, Englisch, Hindi und Französisch sang. „Mish Maoul” (2006) hingegen grub tief in ihren ägyptischen Wurzeln.
Und überall sind musikalische Kooperationen zu finden. Die Liste ihrer Verbündeten ist lang und beinhaltet Künstler wie die Sängerinnen Sinead O’Connor und Sarah Brightman, die avantgardistisch-klassische Komponistin Jocelyn Pook, den überaus produktiven britisch-asiatischen Visionär Nitin Sawhney und den Multi-Instrumentalisten und musikalischen Leiter von „Ana Hina“, Harvey Brough. Hinzu kommen treue Gefährten wie „TransGlobal Underground” (deren Alben ihrer sirenenartigen Stimme nie widerstehen konnten), Jah Wobble und zwei einstige Spötter von „TransGlobal Underground“, Neil Sparks und Count Dubulah. Sie alle sind Teil eines losen Kaders von Mitstreitern hauptsächlich in Großbritannien. Sie tauchen nicht nur auf Atlas Alben auf, sondern auch auf denen von Kollegen. “Das ist das Großartige daran, in Großbritannien zu sein. Es gibt all diese unsichtbaren Fäden, welche die Leute miteinander verbinden.”
Atlas neigt dazu, in Projekten zu denken. Nach dem bemerkenswerten Projekt Ana Hina –“Welches der westlichen Öffentlichkeit zeigt, dass arabische Künstler verschiedene Musik, Ost und West, schon viel länger miteinander verschmolzen haben, als ich es tue” – wird bald ein bisher unbetiteltes elektrisches Album (auf dem sie Arabisch, Englisch, Französisch, Hindi und Spanisch singt), für das sie mit “TransGlobal Underground” und “Flavasia” (Birmingham/Bollywood) gemeinsame Sache macht, erscheinen. Es wird ein Latin-eingefärbtes Album geben mit Marc Eagleton und dem kongolesischen Sänger/Songschreiber Lokua Kanza und – in fernerer Zukunft – ein zeitgenössisch/ klassisches Album mit Jocelyn Pook.
“Ich liebe zeitgenössische/klassische Musik,” erzählt sie, schon immer ein Fan von Debussy, Satie und im Besonderen von Rimsky Korsakovs Shehezerade. “Es ist etwas, was mich immer angezogen hat. Aber genauso liebe ich meine stampfige Tanzmusik. Arabische Musik ist so ein flexibles Genre. Dort kann ich wirklich das tun, was ich will.”