Fatoumata Diawara: guitar, vocals
Mamadou Kouyate: guitar
Jean-Alain Hohy: bass
Jean-Baptiste Ekoue Gbadoe: drums
Corine Thuy-Thy: backing vocals
Ihr junges Leben vereint eine Vielzahl afrikanischer Erfahrungen der heutigen Zeit: Der Kampf gegen den Widerstand ihrer Eltern in Bezug auf ihre künstlerischen Ambitionen. Und die kulturellen Vorurteile, denen Frauen überall in Afrika begegnen. Fatou selbst wurde als Schauspielerin in Film und Theater erfolgreich, bevor sie ihren Platz in der Musik fand.
„Kanou“, der Eröffnungstrack, typisiert den minimalistischen, dennoch sinnlichen Gestus des Albums – mit Fatous sehnsuchtsvollem Gesang. „Bissa“ unterlegt die ironische Kommentierung des Rechts einer Frau, ihren Ehepartner selbst zu wählen, mit einem Funk-Groove. „Boloco“ hingegen stellt Fatous von Herzen kommende Worte über das kontroverse Thema weiblicher Beschneidung mit Anklängen einer exquisit spärlichen Gitarre und dem ngoni-Spiel der talentierten jungen Künstler Guimba und Moh Kouyate. Das herrlich eingängige „Sowa“ etabliert einen genussvollen Percussion-Klang, nur mit Stimme und akustischer Gitarre. Der Text ist inspiriert von Fatous eigener schmerzhafter Erfahrung mit der afrikanischen Praxis, Kinder bei anderen Menschen aufwachsen zu lassen. „Bevor ihr euer Kinder ins Leid schickt, schaut ihnen in die Augen.“
Damon Albarn, Toumani Diabaté, Herbie Hanckock und John Paul Jones von Led Zeppelin sind nur einige wenige derjenigen, die Fatous musikalischem Zauber erlegen sind. Sie war bei Shows von Africa Express und AfroCubism präsent und hat bei Hancocks Projekt „Imagine“ mitgewirkt. Ihr Debüt aber ist fast vollständig ihr eigenes Werk: Selbst komponiert und arrangiert, auch Background-Gesang und Percussion stammen von ihr. Das Album atmet mit der natürlichen Wärme, dem Selbstvertrauen und der Spontaneität, die Fatou ausmachen.
*
Die beiden Welten, die Fatoumata Diawara aus Mali spielerisch zusammenführt, kann man schon auf dem Cover ihres Debütalbums "Fatou" erahnen.
Zwei Welten, zwei Gitarren
Vorn eine lachende, bezaubernde Fatoumata auf einem kräftig nachkolorierten Foto, fast wie auf einer Urlaubspostkarte. Sie zupft eine Akustikgitarre und verkörpert eine glückliche, anmutige Folksängerin. Dreht man das Cover, wird eine andere Geschichte erzählt: Dieselbe Sängerin beugt sich nun in Rock n Roll Manier über eine E-Gitarre.
Die Botschaft dieser beiden Fotos: Die Welt von Pop und Rock'n‘Roll ist ihr genauso vertraut wie die Folktradition der westafrikanischen Heimat. Die Idole von Fatoumata Diawara sind dann auch ihre Landsfrauen Oumou Sangare und Rokia Traore, die ebenfalls ihre Wurzeln selbstbewusst behaupten und gleichzeitig die Sprache von Pop sprechen.
Ein idealer Partner: Buena Vista- Produzent Nick Gold
Der Engländer Nick Gold ist eine Legende in der Musikszene. Der Betreiber des renommierten "World Circuit"-Labels ist der Produzent von Grammy-gekrönten Erfolgsalben wie "Talking Timbuktu" von dem Mali-Bluesgitarristen Ali Farke Touré und der Mann, der den Buena Vista Social Club zur weltweiten Erfolgsgeschichte machte.
Als Fatoumata Diawara ihm ihre Lieder vorspielt, erkennt er sofort das Potential: Diese Frau kann Musik, die vielen Europäern erst einmal fremd erscheint, so vermitteln, wie eine Norah Jones den Jazz einem Millionenpublikum schmackhaft machte. Und das, ohne die Authentizität zu opfern.
Größen aus Rock und Jazz liegen ihr zu Füßen
Die Lieder auf "Fatou" sind einfach und klar, sie gleiten dahin wie ein ruhiger Fluss. Trotzdem spürt man in ihnen die Tiefe, auch wenn wir kein Bambarra, Malis wichtigste Sprache, verstehen. Dabei hat Fatoumata Diawara einiges zu sagen: Sie thematisiert Beschneidungen von Frauen, Emanzipation, die Suche der Jugend Malis nach ihrem Platz in der Welt. Und sie spricht die Europäer im Song "Clandestin" ("verborgen, illegal") direkt an und wirft ihnen vor, für die Flucht ihrer Landsleute aus ihrer Heimat nach Europa, bei denen so viele von ihnen ihr Leben lassen, verantwortlich zu sein.
Fatoumata weiß aus eigener Erfahrung, wovon sie singt. Geboren in der Elfenbeinküste als Tochter eines Ehepaares aus Mali, floh auch sie nach Europa. Weniger wegen finanzieller Nöte, sondern weil ihre Eltern ihr verboten, im berühmten Strassentheater Royal De Luxe mitzuarbeiten. Und dabei war sie doch gerade aus vielen Hunderten auserwählt worden! Also kommt sie nach Paris, wird nicht nur Teil des Theaters, sondern auch Hauptdarstellerin in Filmen.
Eher nebenbei bekommt sie auch Jobs als Sängerin. Dee Dee Bridgewater, Herbie Hancock und vor allem Oumou Sangare, mit denen sie gearbeitet hat, ermutigen sie, eine eigene Karriere als Musikerin zu starten. Damon Albarn wird auf sie aufmerksam, nimmt sie mit auf seine "Afrika Express" Konzerte. Dort wiederum hört sie John Paul Jones, Ex-Bassist der legendären Rockgruppe Led Zeppelin. Auf ihrem Album spielt er Bass im Song "Sonkolon". "Einer der berühmtesten Bassisten der Welt spielt auf meinem Album", lacht sie und kann ihr Glück noch nicht fassen, "unglaublich!"
Eine afrikanische Norah Jones?
"Fatou" ist ein erstaunlich ausgereiftes, homogenes Debüt einer eindrucksvollen Frau, eine große neue Stimme. Vielleicht ist ihr eine ähnliche Karriere wie Norah Jones beschieden, nur diesmal von der anderen Seite des Atlantik. Und mit einem afrikanischen Groove.
(Johannes Paetzold)