DEEP FUNK & SOUL - Wer hätte gedacht, dass eine der heissesten Funk Bands Europas ausgerechnet aus dem kalten Finnland kommt? Bis 2006 wohl niemand - dann bringt die in Brooklyn geborene Sängerin ihr Album «Keep Reachin’ Up» raus, das schon heute als Klassiker des Deep Funk & Soul gilt. Ähnlich wie Sharon Jones mit ihren Dap-Kings steht auch Nicole Willis mit den Soul Investigators, ihrer finnischen Band, ganz in der Tradition der goldenen Sixties-Soul-Ära von James Brown & Co. Allerdings modern und frisch interpretiert - und hochenergetisch.
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Für ihren Erstling «Keep Reachin' Up» wurden die aus Brooklyn stammende Sängerin und Finnlands beste Funkband rund um den Globus von den Medien und ihrem Publikum gefeiert. Ihre erste Single «If This Ain't Love» füllte allerorten die Dancefloors, in den New Yorker Clubs genauso wie auf britischen Northern Soul Partys. US-Präsident hatte den Song sogar in seiner Playlist wzur letzten Präsidentschaftswahl. Ihr zweiter Single-Hit «Feeling Free» wurde von dem weltweit anerkannten Musik-Connaisseur Gilles Peterson 2006 als Track Of The Year ausgezeichnet. «Keep Reachin' Up» listete das MOJO Magazin unter den Urban Albums Of The Year, es wurde in Frankreich, Benelux, Italien, Grossbritannien, Japan, Kanada und in den Vereinigten Staaten gepresst.
Wenig überraschend also, dass das Nachfolgealbum alle Qualitäten besitzt, die den Vorgänger zum Welterfolg machten: die rohe Produktion von Didier Selin, das Songwriting und das musikalische Talent von Nicole Willis and The Soul Investigators, und Pekka Kuusistos temperamentvolle Streicherarrangements. Diverse Tracks glänzen ausserdem mit Bläserarrangements und musikalischen Beiträgen der vielseitig talentierten Jazz- und Electro-Legende Jimi Tenor. Ebenfalls neu ist der eher düstere Sound dieser wilden Nummern, der an jene Ära erinnert, als Motown sich vom Pop der 60er eher progressiven Klängen zuwandte.
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Über sieben Jahre haben sich Nicole Willis und die Soul Investigators für ihr neues Album Zeit gelassen. Das lange Warten hat sich gelohnt: Tortured Soul ist ein kräftiges – und kreatives – Lebenszeichen aus dem hohen Norden.
superfly album der woche – nicole willis & the soul investigators – tortured soul
Weniger ist mehr, heißt es wohl bei Nicole Willis. Über sieben Jahre ist es her, seit die New Yorkerin mit Wahlheimat Helsinki uns zuletzt mit einem Album beglückt hat. Dafür ist sie auf Welttournee gegangen, hat mit ihrem Mann Jimi Tenor eine Familie gegründet und an einer Karriere als Malerin gearbeitet. Und gerade als wir gedacht haben, da kommt nichts mehr, ist uns ihr neues Album Tortured Soul ins Haus geflattert.
Wenigstens hat sich das Warten gelohnt: Für Tortured Soul hat Nicole Willis wieder mit ihrer Band aus bärtigen Finnen, den Soul Investigators, zusammen gearbeitet, dazu gibt es Bläser-Arrangements aus der Feder von Jimi Tenor und Strings vom finnischen Teufelsgeiger Pekka Kuusisto.
Trotz der fetten Instrumentierung fällt das Album durch seinen rohen und ungekünstelten Sound auf. Das ist Soul ganz ohne den Neo-Zusatz, und bei Songs wie der Vorab-Single Tell Me When ist es schwer zu sagen, ob sie 2013 oder doch eher 1969 entstanden sind.
Weil das Album Tortured Soul heißt, dürfen auch die düsteren Elemente nicht fehlen. Die Songs ufern gerne mal auf über 7 Minuten aus, in denen die Band sich mit wehleidigen Hammonds und gequälten Gitarren spielen kann.
Mit diesem Album haben Nicole Willis und die Soul Investigators ein kräftiges und kreatives Lebenszeichen von sich gegeben. Es war ja auch höchste Zeit. Wollen wir nur hoffen, dass das nächste Album nicht wieder sieben Jahre auf sich warten lässt.