Für Florian Scheuba gilt keine Unschuldsvermutung. Er ist als subversiver Bühnenaktivist enttarnt und trägt die Mitschuld daran, dass die mauscheleien und die Schiebereien ans Licht der Öffentlichkeit geraten. Der Begriff der politischen Bühne bekommt durch ihn eine neue Bedeutung. Dafür sei ihm gedankt.
Florian Klenk/ Falter
KURIERFRÜHSTÜCK
mit Florian Scheuba
Keine Hektik. Der Schauspieler, Autor und Kabarettist ist ein Fan von gutem Wein und gutem Essen. Der Nachtmensch und Langschläfer nimmt sich Zeit fürs Essen, sonst schmeckts nicht.
Treffpunkt im Stammlokal "Schutzhaus am Schafberg". Rundum gepflegte Schrebergärten mit Gartenzwergen. Gleich in der Nähe, mit Blick über Wien, wohnt Florian Scheuba mit seiner Ehefrau Mena und den drei Kindern.
Im Schutzhaus biegt sich der Frühstückstisch. Körbe voll mit Gebäck-Variationen, Kuchen, Kolatschen, eine Schinken-Käse-Platte, appetitlich angerichtete Joghurt-Gläser mit Nüssen und Ham and Eggs im Pfandl. Der Kabarettist bestellt Kaffee dazu - "bitte schwarz, groß, kurz". Auf alles andere könnte er verzichten, nur auf den Kaffee nicht. "Ich bin kein fix ritualisierter Frühstücker." Der Grund: Der Satiriker ist ein Nachtmensch. "Meine innere Uhr ist extrem verdreht. Ich schreibe manchmal bis um vier Uhr Früh und schlafe lang", sagt das unbestechliche Genie. "Ich bin ein Ess-Spanier. Je später, desto lieber." Vor einer Vorstellung bringt er nichts runter. "Umso mehr freut man sich dann, wenn Ruhe ist, ausgiebig zu essen." Zeit, viel Zeit braucht der Genießer für seine Hobbys. "Ich bin ein Fan von gutem Essen und gutem Wein", so der 46-Jährige.
Auf den Geschmack kam der Schauspieler, als er mit 19 Jahren in Florenz war. "Ich wollte einmal gut essen gehen. Da war ich in der Enoteca Pinchiorri. Es gab ein Menü mit Weinbegleitung. Ob dieser Vielfalt hab ich mir gedacht, das ist total spannend. Am nächsten Tag bin ich in eine Vinothek gegangen und hab mir ein paar Flaschen gekauft." Seither füllt sich sein Weinkeller mit edlen Tropfen. Er ist mit den besten Köchen und mit den besten Winzern befreundet. Dick wird der Wortgewandte und Wortgewaltige dabei nicht. "Ich bin ein schlechter Verwerter, ein starker Verbrenner."
Zeit ist das Wichtigste, was Scheuba fürs Essen braucht. "Lieber nicht essen als hudeln." Seine Leidenschaft teilt er mit seinen Freunden und Kollegen, Ruppert Henning, Robert Palfrader und Thomas Maurer. "Sie sind alle auch Wein- und Ess-Fans. Das lässt sich beruflich gut vermischen." Die Satire Cordoba schrieb er mit Henning in Südtirol. "14 Tage haben wir uns Zeit genommen. Untertags haben wir geschrieben, am Abend sind wir als Belohnung gut essen und trinken gegangen. Das hat wirklich so wie mit dem Esel und der Karotte funktioniert", erinnert sich der Autor. Das Erfolgsstück Freundschaft ist ebenfalls auf diese Art entstanden. "Man reflektiert beim Essen die Arbeit vom Tag, redet und alles fließt. Am nächsten Tag waren wir super motiviert."
Vor 30 Jahren gründete der Gymnasiast mit seinen Schulfreunden Mini Bydlinski, Wolfgang Pissecker und Werner Sobotka die Kabarett-Gruppe "Die Hektiker". Im Leben des Perchtoldsdorfers hat sich alles ergeben. Nichts war geplant. "Das zweite Programm haben wir damals zwischen schriftlicher und mündlicher Matura gemacht, sehr zur Freude der Eltern", erinnert sich der einst gute Schüler.
"Mein großer Luxus ist die Vielfalt. Ich schreibe gerne und stehe auch gerne auf der Bühne oder vor der Kamera. Das bringt am meisten Lebensqualität." Sein Beruf mache ihm Spaß, vor allem die Möglichkeit, "dass ich mir alles aussuchen kann, ist ein Spaßfaktor. Da kann ich mich immer wieder neu erfinden und in mich selbst hineinhorchen, was juckt mich jetzt". Ihm taugt es, "wenn Sachen erfolgreich sind, die nicht total vorhersehbar sind und nicht nach einem bestimmten Schema gestrickt sind".
Seine Vielfalt zeigt der dreifache KURIER-ROMY-Preisträger (in verschiedenen Kategorien) auch mit dem Programm Schall und Rausch , in dem er mit Thomas Maurer dem Publikum ein kabarettistisches Schmankerl mit anschließender Weinverkostung bietet. Dabei spannt sich der Bogen von einer behutsamen Beleuchtung des Problems der postmodernen Namensgebung burgenländischer Rotweincuvées ("Pentagon und Diabolus gibt's, was also spricht gegen Operation Desert Shield oder Kill Bill 3?") bis hin zu zukunftsweisenden Gastronomie-Konzepten, wie etwa der Einführung des Cannabis-Sommeliers oder einer Jahrgangspolizei zur Hintanhaltung des systematischen Kindermordes an Edelweinen.
"Ich bin ein großer Verfechter des Reifenlassens. Gerade in Österreich wird Weißwein zu jung getrunken. Wenn man sich die Weinkarten anschaut, ist das ein Frühgeburten-Register. Gerade österreichische Smaragde müssen reifen." Der grau melierte Feschak schwärmt in blumigster Sprache, als wäre er der Sommelier vom Restaurant Taubenkobel im Burgenland, vom 2006er Smaragd. "Der war ein üppiger, fetter Jahrgang. Wenn man ihn gleich trinkt, ja, da ist sofort eine wilde Frucht da, aber gleichzeitig noch so eine Härte drinnen, den muss man mindestens fünf Jahre liegen lassen."
Bisher schrieben Scheuba und Maurer die Kolumne "Der Abgang" im Magazin Falstaff . "Ab sofort schreiben wir bei À la Carte. Der Herr Rosam hat gemeint, dass in seinem Heft kein Platz mehr für uns ist." Das war nach acht Jahren überraschend für die beiden. "Denn wir wissen von vielen, dass sie den Falstaff von hinten zu lesen begonnen haben, dort war unsere Kolumne."
Woher stammt die künstlerische Ader des Schauspielers? "Keine Ahnung. Mein Großvater war Konzerthaus-Direktor, sonst haben wir lauter Juristen." Seine Mutter unterrichtete an der Universität Völkerrecht, sein Vater ging als Jurist in die Papierindustrie und seine Schwester ist Anwältin. In die Fußstapfen von Papa könnte die Anglistik-Studentin Helena treten. "Die Große hat im Rabenhof schon Regieassistenz gemacht und in den Kammerspielen gespielt", sagt Florian Scheuba mit einem zufriedenen Lächeln.
Es mache ihm Spaß, vieles mit seinen Kindern unternehmen zu können. Mit den Mädchen geht er in Konzerte von Bright Eyes oder Wilco , mit dem Sohn sieht der Hobby-Kicker am liebsten Rapid-Matches.
Allein ist Scheuba dann, wenn er durch die Weingärten "zum Hirnlüften" spazieren geht. "Das brauche ich zum Arbeiten", sagt er und schnuppert die frische Luft im Schanigarten des Schutzhauses. "Ein guter Sonntag riecht nach Frühling - und Kaffee."
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BIO.
FLORIAN SCHEUBA
Geboren am 5.4.1965 in Wien
Matura 1983 in Mödling, Schauspielunterricht bei Herwig Seeböck.
Gründer, Autor und Akteur des Theater-Kabaretts „Die Hektiker“
Mit den „Hektikern“ 14 Programme, 5 Videos, einmal Platin, zweimal Gold und Platz 1 der Hitparade für über 130 000 verkaufte Tonträger.
PROGRAMME
gemeinsam mit Thomas Maurer:
„Zwei echte Österreicher“, mit dem sie 2001 den „Deutschen Kleinkunstpreises“ gewinnen, „nach übereinstimmender Meinung von Publikum, Kritik und Künstlerkollegen, die Kabarett-Sensation des Jahres“.
(Zitat „Der Standard“);
„Anleitung zur politischen Unmündigkeit“ (2003) sowie die szenische Lesung „Schall und Rausch“.
mit Robert Palfrader „Männer fürs Grobe“ (2008),
„Wir Staatskünstler“ (2011) mit Robert Palfrader und Thomas Maurer.
Darüber hinaus Moderator und Autor der ARD-Show „Subito“, der Sportshow „Victor“ auf DSF und von „Reden wir übers Essen“ auf Wien 1, sowie Darsteller und Autor der ORF-Produktion „Die kranken Schwestern“, die 1996 bei der „Goldenen Rose von Montreux“ zum besten deutschsprachigen Beitrag gewählt wurde, 1997 den TV-Preis „Romy“ und 1998 einen „New York Television Festival-Award“ erhielt.
AUTOR
Theaterstück „Unschuldsvermutung“
„Cordoba – das Rückspiel“ gemeinsam mit Rupert Henning
für Cornelius Obonya, 2010 mit dem Kabarett-Preis „Salzburger Stier“ ausgezeichnet sowie
„Freundschaft“ für Erwin Steinhauer und Rupert Henning, erhält 2004 den „Österreichischen Kleinkunstpreis“.
Auftragsarbeiten für das Theater in der Josefstadt, Rabenhof, Neue Oper Austria, Texte für Erwin Steinhauer und Gerd Bronner, Drehbücher mit Paul Harather und Rupert Henning,
Dokumentationen für ORF und 3Sat und BR („Kreuz und Quer“, „Franz Kafka“, „Karl Kraus“)
Regelmäßiger Kolumnist bei „Der Standard“ und „A la Carte“
BÜCHER
„Unschuldsvermutung“ (Amalthea Verlag)
„Cordoba – das Rückspiel“ mit Rupert Henning und Zeichnungen von Gerhard Haderer (Ueberreuter Verlag)
„Freundschaft“ mit Rupert Henning (Hoanzl Verlag)
„Schall und Rausch“ mit Thomas Maurer (Falstaff Verlag)
„Die 100.000 wichtigsten Österreicher der Welt“ mit Clemens Haipl (Czernin Verlag);
SCHAUSPIELER
u. a. Hauptrollen als „Nightingale“ in „Arkadien“ (Landestheater St.Pölten), „Nebel“ in „Liebesgeschichten und Heiratssachen“ (Liechtenstein), „Hildy Johnson“ in der „Extrablatt“-Bearbeitung „News“ (Theater im Zentrum), „Heinz Conrads“ in „Österreichs größte Entertainer“ und „Unschuldsvermutung“ (Rabenhof) „Jörg Haider“ in dem BBC-Film „The Haider Show“; Mitwirkung bei „Trautmann“ (ORF), „Komissar Rex“ (ORF).
Jänner 2004 bis Dezember 2004 gemeinsam mit Alfred Dorfer Autor und Protagonist der ORF TV-Sendung „Dorfers Donnerstalk“, ausgezeichnet mit dem TV-Preis „Romy 2004“ für die beste Programmidee des Jahres.
2005 – 2008 Autor und Protagonist der ORF Satiresendung „Die 4 Da“ (gemeinsam mit Thomas Maurer, Erwin Steinhauer und Rupert Henning), ausgezeichnet mit der „Romy 2008“
Seit 2011 Autor und Protagonist der ORF Satiresendung „Wir Staatskünstler“
(gemeinsam mit Thomas Maurer und Robert Palfrader)
AUSZEICHNUNGEN
„Romy“ 1997 “Die kranken Schwestern”
„New York Television Award“ 1998 “Die kranken Schwestern”
„Deutschen Kleinkunstpreis“ 2001 „Zwei echte Österreicher“
„Romy“ 2004 „Donnerstalk“
„Österreichischer Kleinkunstpreis“ 2004 „Freundschaft“
„Fernsehpreis der Erwachsenenbildung“ 2004 „Donnerstalk“
„Romy“ 2008 „Die4Da“
Kabarett-Preis „Salzburger Stier“ 2010 „Cordoba – das Rückspiel“